Imposant steht sie da, die Völklinger Hütte, wie die Darmstädter Mathildenhöhe Weltkulturerbe – und das bereits seit 30 Jahren. Noch bis zum 15. September ist das weltweit einzige vollständig erhaltene Eisenwerk aus der Blütezeit der Industrialisierung Schauplatz einer so noch nie dagewesenen Ausstellung. In der historischen Gebläsehalle präsentieren das Weltkulturerbe Völklinger Hütte und die Deutsche Kinemathek Berlin eine beeindruckende Gesamtschau des Deutschen Films seit 1895.
Verantwortlich für die Filmlandschaft, die Kultur und Geschichte Deutschlands wie kaum eine anderes Medium spiegelt, ist Dr. Ralf Beil, Generaldirektor des Welterbes Völklinger Hütte und zwischen 2006 und 2015 Direktor des Instituts Mathildenhöhe in Darmstadt.
„Film ist im besten Fall große Kunst, zugleich aber stets auch Spiegel der Kultur und Zeit seiner Entstehung. Dies macht die Übersichtsschau dreifach bedeutsam und sehenswert: Die Erfahrung von Ästhetik, Kultur und Geschichte fällt hier auf besondere Weise in eins“, erläutert Ralf Beil zu der erfolgreichen Ausstellung, deren Dauer bis zum 15. September verlängert wurde.
Großleinwände und Monitore begleiten den Rundgang durch die beeindruckende Deutsche Filmgeschichte, die mit dem Expressionismus und dem Kino der Weimarer Republik Weltgeltung erreicht hat.
Die Schau spannt den Bogen über den frühen Stumm- und Tonfilm bis zu aktuellen Filmproduktionen. Mehr als 350 Exponate und rund neun Stunden Filmmaterial gibt es zu sehen, frühe Filme, expressionistische Filmkunst, das Kino der Weimarer Republik, Metropolis und Babelsberg Mitte der 1920er Jahre, die Propaganda-Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus 1933
bis 1945, das Nachkriegskino vom Trümmerfilm zum Mauerbau, Aufbruch und Abbrüche in Ost und West 1962 bis 1989 und die Neuorientierung des gesamtdeutschen Filmschaffens von 1990 bis heute.
Eindringliche, berührend-bewegende Filmausschnitte sind zu sehen, etwa aus der „Blaue Engel“ mit Marlene Dietrich, aus Volker Schlöndorffs „Blechtrommel“ oder „Angst essen Seele auf“ von Rainer Werner Fassbinder mit der oft unterschätzen Brigitte Mira, die so viel mehr war, als „Oma Färber“ bei den „Drei Damen vom Grill“.
Zu sehen ist außerdem der Nachbau eines Filmstudios aus den 1950er Jahren, wo 1958 „Mädchen in Uniform“ gedreht wurde – mit Romy Schneider und Lilli Palmer, die 1932 am Landestheater Darmstadt spielte und von dort nach nur einem Jahr wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nazis vertrieben wurde.
Dr. Ralf Beil hat als Generaldirektor des Welterbes Völklinger Hütte gemeinsam mit der Deutschen Kinemathek eine beeindruckende Ausstellung über die Deutsche Filmgeschichte geschaffen, in der sich Kultur- und Zeitgeschichte Deutschlands spiegeln, wie das so noch nicht zu sehen war. Und das in einem Umfeld, das wie geschaffen ist für diese Schau, deren Besuch absolut lohnt. Frank Horneff