Was verbindet Darmstadt mit Nizza?

Die Russisch Orthodoxe Nikolauskathedrale in Nizza

Ein Beitrag von Nicolaus Heiss

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zog es viele russische Adlige an die französische Riviera. Mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke nach Nizza 1864 kam Zar Alexander II. an die Côte d´Azur. Eine erste Russische Kirche wurde schnell zu klein für die wachsende Gemeinde.

Zar Nikolaus II. spendete Anfang des 20. Jahrhunderts für eine neue Kathedrale ein geeignetes Grundstück. Das Gelände im Parc Belmond in Nizza hatte für die russische Gemeinde eine hohe Bedeutung, denn in der hier stehenden Villa verstarb 1865 der Sohn Alexanders II. im Alter von 21 Jahren an Meningitis.

An Stelle der Villa ließ Alexander eine Kapelle als Gedenkstätte errichten und unmittelbar daneben entstand ab 1906 nach Plänen von Prof. Mikhail T. Preobrazenskij die größte Russische Kirche außerhalb von Russland. Zar Nikolaus II. übernahm die Finanzierung der am 17. Dezember 1912 eingeweihten Cathédrale Saint-Nicolas.

Nikolaus II. war der letzte Russische Zar. Er heiratete 1894 die Schwester des Darmstädter Großherzogs Ernst Ludwig Alix von Hessen-Darmstadt, die ab da Zarin Alexandra Fjodorowna hieß. Die beiden ließen von 1897 bis 1899 die kleine Russische Kapelle als einzige Hofkapelle außerhalb von Russland auf der Mathildenhöhe errichten, um bei ihren Besuchen Darmstadt ihren russisch-orthodoxen Glaube ausüben zu können. Am 17. Juli 1918 wurde die gesamte Familie mit ihren fünf Kindern in Jekaterinburg in der Folge der Revolution erschossen.

Die Cathédrale Saint-Nicolas war bis 2008 im Besitz der Russischen Gemeinde in Nizza. Danach gab es einen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, bei dem sich die Russische Föderation 2013 durchsetzte und die Kathedrale dem Patriarchat von Moskau und der ganzen Rus* unterstellte. In der Zwischenzeit ab 2012 ging es um die Restaurierung der Kirche, die von einer Darmstädter Malerfirma und einem Darmstädter Architekten geplant werden sollte. Der Auftrag erging an sie, da sie 2007 erfolgreich die Sanierung der Russischen Kapelle in Darmstadt abgeschlossen hatten.

Ornamet der Cathédrale Saint-Nicolas, Foto: Nicolaus Heiss

Es gab verschiedene Besichtigungen in Nizza zusammen mit Restauratoren und mir als Denkmalpfleger und Fotograf, bei der umfangreiche Bestandserhebungen zur Vorbereitung einer Restaurierungsplanung durchgeführt wurden. Dabei wurden Gespräche mit Russischen Abgesandten geführt, die auch zu Gesprächen in Darmstadt waren. Die umfangreiche und aufwändige Sanierungsplanung des Architekten und der Malerfirma kam allerdings nicht zum Zuge, da von Seiten der Russen keine Rückmeldung mehr kam. Die vollständige Sanierung wurde 2014 – 2016 durch die Russische Föderation ausgeführt.

Was bleibt, ist eine umfangreiche, mehr als 800 Bilder umfassende fotografische Dokumentation der innen und außen reich geschmückten 52 Meter hohen historistischen neorussischen Kirche mit ihren sechs mit Keramikfliesen gedeckten Zwiebeltürme und zwei Pyramidendächern. Neben vielen Detailaufnahmen gibt es auch Fotos von einer wackeligen Hubsteigerplattform 77 Meter über dem Gelände, der den Bau aus einer ungewöhnlichen Perspektive zeigt.