Susan Hill | Wie tief ist das Wasser

Lesend mehr erleben
So richtig nahe kommt man den Gedanken und Gefühlen anderer beim Lesen. Denn indem man sich gedanklich in literarische Figuren hineinversetzt, durchlebt man deren Emotionen. Das kann ganz schön hart sein. Es hat aber auch etwas Entlastendes: Man fiebert mit, ohne wirklich betroffen zu sein. Diese beiden Bücher gehen unter die Haut, versprochen!

Das Böse in Jungengestalt

Dieser Roman erschien 1970 das erste Mal, zum Glück wurde er jetzt wiederaufgelegt. Susan Hill, britische Bestsellerautorin mit einem Hang zu Gruselstoffen, erzählt darin von zwei Jungen, die sich gnadenlos bekämpfen. Das ist furchtbar spannend!

Edmund, 11, lebt alleine mit seinem Vater auf einem verfallenen Landgut. Seine Mutter ist tot, der Vater überfordert mit dem Alltag. Deswegen engagiert er eine Haushälterin, die mit ihrem Sohn einzieht. Charles ist ebenso alt wie Edmund und soll – so hofft der Vater, der zu seinem unzugänglichen Sohn ein unterkühltes Verhältnis hat – sein Spielgefährte werden. Doch für Edmund ist Charles ein Feind, der in seine Welt eindringt und vertrieben werden muss. Er drangsaliert ihn vom ersten Moment an mit Quälereien, die von den Erwachsenen unentdeckt bleiben. Charles begreift, dass Edmund ihn hasst, versucht aber trotzdem, seine Freundschaft zu gewinnen. Gegen das Mobbing des grausamen Edmund kommt er jedoch nicht an. Düster ist die Geschichte, schauerlich liest es sich, wie Charles etliche verzweifelte Anläufe nimmt, sich zu wehren und Edmunds Schikanen zu kontern. Keiner erkennt, wie sehr Charles leidet. Am Ende sieht er nur einen Ausweg, um sich von seinem Peiniger zu befreien. Susan Hill erzählt nüchtern und durchdrungen von gespenstischer Hoffnungslosigkeit. Ein kleines Meisterwerk ist der Roman, der durchaus mit William Goldings „Herr der Fliegen“ mithalten kann.

 

Susan Hill: Wie tief ist das Wasser, Kampa, 24 Euro