Oberirdische Schutztürme

Fünf erinnern noch an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs

von Nikolaus Heiss

Außer einigen noch erhaltenen unterirdischen zivilen Schutzbunkern, wie die ehemaligen Brauereikeller in der Dieburger Straße, zeugen noch fünf martialisch aussehende Betontürme im Stadtbild Darmstadts vom Zweiten Weltkrieg.

Auf zwei Geländen der ehemaligen Deutschen Reichsbahn, dem ehemaligen Waggonausbesserungswerk an der Frankfurter Straße, das 1873 gegründet wurde, und dem ehemaligen Lokomotivausbesserungswerk am Dornheimer Weg von 1912 entstanden zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 jeweils zwei zuckerhutartige Fliegerabwehrunterstände, die Bahnbediensteten Schutz bieten sollten.

Spitzbunker am Dornheimer Weg

Die Spitzbunker Bauart Winkel wurden von dem Duisburger Konstrukteur Leo Winkel entwickelt und in verschiedenen Varianten deutschlandweit in rund 200 Exemplaren errichtet. Ihre Besonderheiten sind eine sehr geringe Grundfläche und eine spitz zulaufende hohe Form, um den Bomben eine möglichst kleine Angriffsfläche zu bieten, sowie 1,90 Meter dicke Außenwände aus Stahlbeton, an denen die auftreffenden Bomben abprallen sollten, um erst am Boden zu explodieren.

Atomschutztür am Spitzbunker Dornheimer Weg

Die kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs erbauten Spitzbunker mit ihren weit über dem Boden liegenden, höhenmäßig versetzten Eingängen, die über Holztreppen zu erreichen waren, boten jeweils rund 500 Personen Schutz. Dies lässt sich noch heute an den im Inneren erhaltenen Sitzbänken mit Nummerierung ablesen. Jeder Bahnangestellte bekam eine Nummer zugewiesen, die ihm Turm, Etage und Sitzplatz vorgab. Der Innenraum der Bunker ist in Form einer sich über 11 Etagen nach oben hin verjüngenden Wendeltreppe gebaut. Die Bänke sind auf der Treppe befestigt. Im „Treppenauge“ befinden sich übereinander gebaut mehrere Toiletten in einem einfachen Holzverschlag. An den weißen ca. 1,90 Meter dicken Betonwänden gibt es Lüftungsschächte, die bei Giftgasalarm durch Hebel in der Wand geschlossen werden konnten.

Mit dieser authentischen Einrichtung, den Beschriftungen auf den Wänden und den erhaltenen Lüftungsöffnungen, vermitteln die Bunker noch heute auf eindringliche Weise die existenzielle Angst, die Menschen bei einem Luftangriff haben erleiden müssen.

Luftaufnahme des Mozarttrums

Der fünfte Turm ist der „Mozartturm“, der diesen Namen durch seine Nutzung Mozartarchiv ab 1972 erhielt. In Kriegszeiten trug er den Namen des im Ersten Weltkrieg erfolgreichen Jagdfliegers Manfred von Richthofen. Dieser 22 Meter hohe Turm der Bauart Dietel mit einer Außenwandstärke von ca. 1,50 Metern war ein militärischer Turm mit einem Flakgeschütz. Er bot Platz für rund 250 Soldaten. Eine Besonderheit stellt dieser Turm dar, weil nach dem 25. März 1945 Darmstadt in ihm die Kapitulation unterzeichnet wurde.

Überall in Deutschland wurden ähnliche Spitzbunker errichtet, die zum Teil bis heute erhalten sind. Sie sind Zeugnisse der Geschichte und der Kriegstechnik. Sie stehen als Mahnmal gegen die Zerstörung und Schrecken des Krieges unter Denkmalschutz.