Die Schulstraße
Eine denkmalgeschützte Straße mit besonderem Flair
Ein Beitrag von Nikolaus Heiss
Die Schulstraße plante Stadtbaumeister Georg Moller im Zuge der Erweiterung der Stadt nach Westen am Beginn des 19. Jahrhunderts als eine Verbindungsstraße zur Altstadt. Dreigeschossige Wohn- und Geschäftshäuser in geschlossener Bauweise säumten die Straße.
Nach dem großen Luftangriff auf Darmstadt am 11. September 1944 war Darmstadts Innenstadt weitestgehend zerstört. In Erwartung kommender Zerstörung, entstanden schon während des Krieges Wiederaufbaupläne für einzelne Bauten und Bereiche. Bereits im Mai 1945, kurz nach Kriegsende, wurde von Oberbürgermeister Ludwig Metzger eine Wiederaufbaukommission gebildet, deren Leitung Professor Karl Gruber für zwei Jahre übernahm. Der Architekt, Stadtplaner, Denkmalpfleger und Architekturhistoriker war bekannt für seine städtebaulichen Vorstellungen, die sich an den Ideen eines künstlerischen Städtebaus Camillo Sittes orientierten und sich im Gegensatz zur Strenge gründerzeitlicher Stadtanlagen die Unregelmäßigkeit mittelalterlicher Städte als Vorbild nahmen.
In diesem Sinne bewertete er das in Jahrhunderten gewachsene Stadtbild der ehemaligen Residenzstadt Darmstadt und knüpfte mit seinen Wiederaufbauplänen an vorhandene Strukturen an. Die weitgehende Beibehaltung des alten Stadtgrundrisses der Innenstadt, bei Berücksichtigung moderner Anforderungen an den Verkehr, führte in einigen Straßen zu der typischen Arkadenlösung, so auch in der Schulstraße, die trotz der geplanten Führung einer Straßenbahn nicht verbreitert werden musste.
Eine städtebauliche Besonderheit des Darmstädter Wiederaufbaus bilden Ladenpassagen als Verbindungswege zwischen Straßen und Plätzen. Durch sie werden Wege verkürzt und eine differenziertere Einkaufslandschaft ermöglicht. Zwei solcher Passagen führen zum Stadtkirchplatz.
Die Schulstraße wird geprägt durch eine regelmäßige Anordnung profilgleicher Stadthäuser mit erdgeschossiger großzügig verglaster Geschäftszone, auf der Nordseite unter Kolonnaden. Darüber befinden sich zwei Normalgeschosse für Wohnungen mit traditioneller Lochfassade und einer durchgehenden Sattel dachzone, mit kleinen Gaupen in fast noch unveränderter gleich förmiger Aufreihung. Unterbrochen wird die Regelmäßigkeit der Gebäudezeilen lediglich durch zwei erhöhte Eckgebäude am Ostende der Straße, die dort den Eingang zur Straße städtebaulich betonen. Die Bebauung aus den 1950er Jahren basiert auf dem Wiederaufbauplan der Stadtmitte von 1946 und wurde als einer der wenigen Stadtbereiche Gruberscher Planung in seinen wesentlichen Teilen so umgesetzt.
Im Gegensatz zu anderen Straßen der Innenstadt, die wegen des Investitionsdrucks durch bauliche Veränderungen und Werbeanlagen über Jahrzehnte eine sehr starke Überformung erfuhren und dadurch ihr ursprüngliches Gesicht verloren haben, konnte die Schulstraße wegen der Innenstadtrandlage ihr ursprüngliches Erscheinungsbild nahezu unverfälscht bewahren. Sie ist somit eines der wenigen erhaltenen Dokumente aus den frühen Jahren des Wiederaufbaus der Darmstädter Innenstadt und steht aus künstlerischen und geschichtlichen Gründen als Gesamtanlage unter Denkmalschutz.
Ihre besondere, angenehm menschliche Atmosphäre, entwickelt die Schulstraße durch die Vielfalt an meist inhabergeführten kleinen Läden und Dienstleistungsbetrieben.