Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler

Fünf bemerkenswerte Inszenierungen im März

Die Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler wird 30 Jahre alt. Dass sie jung geblieben ist, gilt es zu feiern. Jung sein heißt fürs Theater: neue Perspektiven und Zugänge zu unserer Lebenswirklichkeit eröffnen, sich mit virulenten Themen auseinandersetzen, innovative Spielweisen und Ästhetiken ausprobieren und Vielfalt ermöglichen. Und generell: offen sein, gestalten wollen und den Blick in die Zukunft richten.

Mehr denn je sind in diesen Zeiten junge Theaterschaffende gefragt, wenn es um die Gestaltung des Theaters von morgen geht, um ein Theater, das zur Sicherung und Weiterentwicklung eines freien, offenen, vielgestaltigen und demokratischen Gemeinwesens beiträgt.

Der neuen Fachjury, bestehend aus der Regisseurin Johanna Wehner, der Schauspielerin und Autorin Amina Eisner, der Dramaturgin Katrin Spira und dem Dramaturgen Bernd Isele, war es für ihre Auswahl wichtig, einen schlaglichtartigen Überblick über das Schaffen junger Schauspieler im Stadttheater, in der freien Szene und in den Hochschulen im deutschsprachigen Bereich zu geben. Dabei wurden Solo- und Ensemblearbeiten, unterschiedlichste Setzungen auf der Bühne, Spielende mit verschiedenen Hintergründen, Identitätsbildern und diverser Herkunft berücksichtigt.

5.3.25 | Iphigenies Rache (UA)

Soloperformance von und mit Lilly-Marie Vogler | Theater Regensburg

Iphigenie wartet auf ihre Hinrichtung und erzählt: Angefangen hat es mit ihrem Ururgroßvater Tantalos und einem Familienfluch. Zwei Generationen später zettelt durch den vermeintlichen Raub der Helena ihr Vater Agamemnon den Trojanischen Krieg an und erzürnt durch das Töten einer Hirschkuh Göttin Artemis. Diese schickt als Strafe eine Windstille, damit seine Schiffe nicht in Richtung Troja segeln können. Laut Seher Kalchas kann Artemis‘ Zorn nur besänftigt werden, indem Agamemnon seine Tochter Iphigenie opfert. Wer ist die Frau hinter dem Mythos? Schauspielerin und Autorin Lilly-Marie Vogler eröffnet ein neues Kapitel der 2.400-jährigen Rezeptionsgeschichte. Dabei reflektiert sie Frauenbilder, Erwartungshaltungen und Zuschreibungen des Patriarchats und rechnet mit einer von Männern dominierten Welt ab.

Mi. 5.3.25 | 20 Uhr | Parktheater  | Georg-Stolle-Platz 5 | Bensheim | Eintritt frei

7.3.25 | Blutbuch (UA)

nach dem Roman von Kim de l’Horizon | Theater Bern

„Blutbuch“ von Kim de l’Horizon ist ein vielschichtiger, zärtlicher, radikaler Text, der gleich auf mehreren Ebenen revolutionär ist: Er handelt von einer Blutbuche und einem Kind, das von dem Baum lernen will. Es geht um Grossmeer, die eine Großmutter und gleichzeitig unendlich weit ist, und um Meer, die Mutter ist und vielleicht auch eine Hexe. Es geht um weibliche Genealogie, nicht definierbare Körper und Verwandtschaft jenseits von Familie. Kim de l’Horizon lotet Grenzen aus, jene der Sprache ebenso wie jene des Geschlechts.

Einführung zum Stück ab 19 Uhr.

Fr. 7.3.25 | 19.30 Uhr | Parktheater | Georg-Stolle-Platz 5 | Bensheim | Tickets 14 Euro | https://parktheater-bensheim.reservix.de

16.3.25 | Das schweigende Mädchen

von Elfriede Jelinek | Universität Mozarteum Salzburg – Thomas Bernhard Institut

Das schweigende Mädchen ist Allegorie und direkter Verweis auf die deutsche Rechtsextremistin und Mitglied der Terrorgruppe NSU: Beate Zschäpe. Der Nationalsozialistische Untergrund war eine – zwischen 1998 und 2011 existente – rechtsextreme und rechtsterroristische Gruppe, die systematisch zehn in Deutschland lebende Unternehmer – vornehmlich mit griechischem und türkischem Migrationshintergrund ermordete.

Der NSU-Prozess stellt das größte Strafverfahren gegen rechtsextreme Gewalt seit dem Zweiten Weltkrieg dar. Berichterstatter beschreiben die insgesamt 438 Verhandlungstage als „Tiefenbohrung in die deutsche Gesellschaft“. Nach dem Prozessbeginn im Jahr 2013 schreibt Elfriede Jelinek mit „Das schweigende Mädchen“ gegen das hartnäckige Schweigen der Hauptangeklagten Beate Zschäpe an und reflektiert unermüdlich den Umgang von Justiz und Gesellschaft mit den bis heute bestehenden Leerstellen dieses Falls.

Einführung zum Stück ab 19 Uhr.

So. 16.3.25 | 19.30 Uhr | Parktheater | Georg-Stolle-Platz 5 | Bensheim | Tickets 14 Euro | https://parktheater-bensheim.reservix.de

22.3.25 | Zapfenstreich – Mother Europe

Internationales Performancekollektiv BOYS* IN SYNC

2021 scheidet Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Amt. Ihr zu Ehren findet eine von TV Sendern live begleitete Militärzeremonie statt. Der sogenannte „Zapfenstreich“ ist eine 300 Jahre alte deutsche Militärtradition, doch die Bilder von Soldaten, die mit Fackeln durch die Nacht marschieren, befremden: Viele assoziieren die Show mit historischen Bildern der Nazis. Eine Diskussion wird ausgelöst: Wie soll sich das (deutsche) Militär als Institution einer modernen Demokratie präsentieren?

BOYS* IN SYNC stellt den „Zapfenstreich“ auf der Bühne nach: Die Performerer aus mehreren europäischen Ländern behandeln die militärischen Bewegungen als Choreografien, die Männlichkeit, Konformität und Macht hinterfragen, und vermischen sie mit Momenten der Irritation, Queerness und Intimität.

Einführung zum Stück ab 19 Uhr.

Sa. 22.3.25 | 19.30 Uhr | Parktheater | Georg-Stolle-Platz 5 | Bensheim | Tickets 14 Euro | https://parktheater-bensheim.reservix.de

27.3.25 | Einsame Menschen

von Felicia Zeller nach Gerhart Hauptmann | Stadttheater Gießen

Architektin Marie hat sich den Traum vom Haus im Grünen erfüllt. Noch schnell das erste Kind gebären, bevor es losgeht mit dem Ausbau des integrierten Co-Working-Space für Backpacker. Ihr Mann, ganz der angewandten Tiersoziologie verschrieben, beschäftigt sich lieber mit der Brut der schwach gepunkteten Wasserschrecke als seiner eigenen. Er promoviert vor sich hin statt mit anzupacken und Marie ihr Tatendrang über den Kopf, die Schwiegermutter rät zu mehr Gelassenheit. Als sich die digitale Nomadin Margarete einquartiert, erscheint dem Paar die eigene Sesshaftigkeit plötzlich fad.

Frei von Mitleid stellt die Überschreibung von Hauptmanns Klassiker die Weinerlichkeit der Privilegierten aus – und nimmt dabei das akademische Milieu und alte Rollenmuster aufs Korn.

Einführung zum Stück ab 19 Uhr.

Do. 27.3.25 | 19.30 Uhr | Parktheater | Georg-Stolle-Platz 5 | Bensheim | Tickets 14 Euro | https://parktheater-bensheim.reservix.de

Die Preisverleihungen

Im Rahmen der Abschlussveranstaltung am 27. März wird auch 2025 wieder der Preisträger des mit 3.000 Euro dotierten Günther-Rühle-Preises für herausragende schauspielerische Leistungen von der Jury bekanntgegeben. Neben der Jury kann auch das Publikum nach jeder Vorstellung über das Gesehene abstimmen. Nach der letzten Vorstellung werden die Stimmen der Zuschauer ausgewertet – und das Stück, das die größte Zustimmung erhält, wird bekanntgegeben. Im Rahmen des Schulprojektes „Theaterkritik“ wird zudem eine Jury aus Bensheimer Schülern ihr Votum für die beste Inszenierung abgeben und ihre Begründung für den Preis verlesen.

Einführungs- und Nachgespräche

Auch in diesem Jahr gibt es zur Vorbereitung und Vermittlung aller Inszenierungen jeweils um 19 Uhr mit Ausnahme am 5. März um 18.30 Uhr im Gertrud-Eysoldt-Foyer des Parktheaters Einführungsgespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der jeweiligen Produktion. Dabei werden Fragen zur Stückentwicklung, zum Konzept, zur Inszenierung und Ausstattung erläutert. Im Anschluss an die Aufführungen kommen die Schauspielerinnen und Schauspieler zu Nachgesprächen ins Foyer und geben dem Publikum Auskunft über ihre Arbeit.

Tickets

Eintrittskarten sind in Bensheim erhältlich bei der Tourist Information (Hauptstraße 53, Tel. 06251 8696101), im Medienhaus des Bergsträßer Anzeigers (Rodensteinstraße 6, Tel. 06251 100816) und bei der Musikgarage (Bahnhofstraße 24, Tel. 06251 680352). Überregional können Tickets bei allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie im Internet unter reservix.de erworben werden. Der Eintritt für die Aufführung „Iphigenies Rache“ am 5. März ist frei.

Weitere Informationen

Die Förderung der jungen Schauspielkunst und des Theaternachwuchses ist eine der wichtigsten Aufgaben der Akademie für Darstellende Künste. Mit der Woche junger Schauspielerinnen und Schauspieler, die seit 1996 in Bensheim stattfindet, kommt die Akademie dieser Mission auf besondere Weise nach. Veranstalter ist der Eigenbetrieb Stadtkultur Bensheim gemeinsam mit der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. Gefördert wird sie zudem von der Sparkasse Bensheim, der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Bensheim, und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.

Das Festival-Abo-Ticket zu 31 Euro für alle Veranstaltungen ist hier online verfügbar – https://parktheater-bensheim.reservix.de

5.3. bis 27.3.25 | Parktheater | Georg-Stolle-Platz 5 | Bensheim | www.stadtkultur-bensheim.de