Eingebrannt

Kunst unterm Radar der Funktionäre

40 Gemälde, ebenso viele Gedichte und mehr als ein Dutzend musikalische Hörproben: Unter dem Titel „Eingebrannt“. Malerei, Lyrik, Neue Musik und Proben zweier Bildhauer aus der DDR gibt die Kunsthalle Darmstadt Einblick in das Kunstschaffen der ehemaligen DDR. Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Zentrum für neue Literatur und dem Internatio-nalen Musikinstitut Darmstadt (IMD). Erstmals zeigt sie das Frühwerk Lesende (Ema) von Gerhard Richter öffentlich – bis 29. Juni 2025 mit Begleitveranstaltungen an jedem Donnerstagabend.

In ihrer jüngsten Ausstellung zeigt die Kunsthalle Darmstadt Gemälde und Skulpturen aus der ehemaligen DDR der Jahre 1949 bis 1989. Jenseits des staatlich gelenkten sozialistischen Realismus repräsentieren 22 Künstlerinnen und Künstler mit insgesamt 43 Werken die freie Kunstszene der DDR vor dem Mauerfall und machen damit die Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Entfaltung im damaligen autoritären Staatsbetrieb sichtbar.

Stillleben, Landschaften, Bildnisse und abstrakte Kunst unter anderem von Strawalde, A. R. Penck, Angela Hampel und Cornelia Schleime bilden den Schwerpunkt der Auswahl aus den Kunsthochburgen Dresden, Leipzig und Berlin. Eine Besonderheit ist ein erstmals öffentlich gezeigtes Frühwerk von Gerhard Richter aus dem Jahr 1960 mit dem Titel Lesende, das seine erste Ehefrau Marianne („Ema“) mit einem Buch auf grünem Sofa zeigt. Richter übersiedelte 1961 nach Westdeutschland.

Dr. León Krempel, Direktor der Kunsthalle und Kurator der Ausstellung, hat die Gemälde in den sieben Räumen der taghellen Kunsthalle als Wandfries im Wechsel mit Lyrik von 40 prominenten DDR-Schriftstellern angeordnet. Die Gedichte – darunter Werke von Wolf Biermann, Bertolt Brecht, Franz Fühmann, Sarah Kirsch und Inge Müller – stellte der in Brandenburg geborene Leonce-und-Lena-Preisträger Kurt Drawert zusammen. Auf dessen Gedicht Mit Heine, das mit dem Wort „eingebrannt“ endet und ein Kapitel deutscher Geschichte thematisiert, geht der Titel der Aus-stellung zurück.

Das von Drawert in Darmstadt gegründete Zentrum für neue Literatur holte sich Krempel als Kooperationspartner für die Ausstellung ins Boot, ebenso das Internationale Musikinstitut Darmstadt (IMD), das mehr als ein Dutzend Hörproben – Kompositionen unter anderem von Paul Dessau, Steffen Schleiermacher und Annette Schlünz – beisteuerte. Mit den bereits 1947 in Darmstadt begründeten Ferienkursen für Neue Musik hat sich das von Thomas Schäfer geleitete Musikinstitut inzwischen weltweit etabliert und wurde auch für DDR-Komponisten zur wichtigen Plattform.

Die einzigartige Kombination der drei Säulen Malerei/Bildhauerei, Lyrik und Neue Musik mit zusammen rund 75 Exponaten unterstreicht die Besonderheit dieser Kunstausstellung. Sie versteht sich nicht zuletzt als Beitrag, dem staatsunabhängigen Kunstschaffen der Ex-DDR den Stellenwert einzuräumen, der ihm gebührt.

„First Friday“: Freier Eintritt an jedem 1. Freitag im Monat mit Programm 19 bis 22 Uhr.

In der Ausstellung vertretene Künstler

Malerei
Christa Böhme, Jürgen Böttcher (Strawalde), Petra Flemming, Sonja Gerstner, Hubertus Giebe, Peter Graf, Angela Hampel, Ralf Kerbach, Erich Kissing, Harald Metzkes, Gudrun Petersdorff, Gerd Richter (Gerhard Richter), Eve Rub, Frank Rub, Ursula Rzodeczko, Christine Schlegel, Cornelia Schleime, Hans Winkler, Ralf Winkler (A. R. Penck), Doris Ziegler.

Bildhauerei
Joachim Kuhlmann, Peter Makolies.

Lyrik
Erich Arendt, Wilhelm Bartsch, Johannes R. Becher, Wolf Biermann, Johannes Bobrowski, Thomas Böhme, Thomas Brasch, Volker Braun, Bertolt Brecht, Heinz Czechowski, Kurt Drawert, Adolf Endler, Elke Erb, Franz Fühmann, Durs Grünbein, Peter Hacks, Eberhard Häfner, Kerstin Hensel, Stephan Hermlin, Wolfgang Hilbig, Peter Huchel, Bernd Igel (Jayne-Ann Igel), Rainer Kirsch, Sarah Kirsch, Wulf Kirsten, Barbara Köhler, Uwe Kolbe, Andreas Koziol, Günter Kunert, Reiner Kunze, Kito Lorenc, Georg Maurer, Karl Mickel, Heiner Müller, Inge Müller, Gert Neumann, Bert Papenfuß-Gorek, Richard Pietraß, Andreas Reimann, Thomas Rosenlöcher.

Neue Musik
Paul Dessau, Paul-Heinz Dittrich, Friedrich Goldmann, Georg Katzer, Hans-Karsten Raecke, Friedrich Schenker, Steffen Schleiermacher, Annette Schlünz, Jakob Ullmann, Ruth Zechlin.

29.6.25 | Kunsthalle Darmstadt | Steubenplatz 1 | Öffnungszeiten: Mi., Fr., Sa. & Sonntag 11 bis 17 Uh;. Do. 11 bis 21 Uhr mit Programm ab 19 Uhr | Eintritt 10 Euro, ermäßigt 7 Euro | bis 18 Jahre frei | www.kunsthalle-darmstadt.de