Szenen einer alten Ehe
Können zwei Menschen drei Jahrzehnte zusammen sein und sich immer noch wirklich lieben? Wo der gemeinsame Nenner ist, wenn die Leidenschaft erlischt, aber das Verlangen zumindest bei einem Paarteil noch „brennt“, erforscht Daniela Krien literarisch.
30 gemeinsame Jahre und zwei Kinder – das ist es, was Peter und Rahel verbindet. Und womöglich ist es das, was ihre Ehe nach all der Zeit noch zusammenhält. Still und leise ist verschwunden, was an Liebe und Leidenschaft da war. Peter, 55, hat kein Interesse mehr an Sex. Der Germanistikprofessor findet Erfüllung im Lesen und Philosophieren, ist gern für sich allein und wünscht sich einen unaufgeregten Lebensabend. Rahel, 49 Jahre alt und Psychotherapeutin mit eigener Praxis, fühlt sich dafür noch zu jung und vermisst Nähe und Intimität, weiß aber nicht, wie sie Peter ihre Bedürfnisse nahebringen kann. Die Kinder sind längst erwachsen. Die Tochter, deren Pubertät eine komplizierte Angelegenheit war, ist selbst verheiratet und hat zwei Söhne. Der Sohn führt sein eigenes Leben. Als Beziehungskitt taugen beide schon lange nicht mehr. Drei Wochen verbringen Peter und Rahel im Sommer auf einem abgelegenen Bauernhof in der Uckermark, um dort Tiere und Pflanzen eines befreundeten Paares zu hüten. Wie sehr sie sich voneinander entfernt haben, wird dort besonders spürbar. Und vor allem, wie unterschiedlich die Erwartungen an ihre Beziehung sind. Ihre altgediente Ehe aufgeben, das wollen beide irgendwie nicht. Aber wie sie das Ruder rumreißen und eine neue Basis für die nächsten gemeinsamen Lebensjahre finden können, wissen sie auch nicht. Diese Pattsituation schildert Krien sachlich und unaufgeregt, gibt Einblicke in die Seelenwelt vor allem von Rahel, die sich weigert, ihre Unzufriedenheit in Resignation übergehen zu lassen. Alltagsprobleme sind es, die Krien auf den Punkt bringt, der normale Beziehungslauf der Liebe, die irgendwann anders wird und wieder neu werden kann. Oder nicht? Das lässt sich in diesem ruhigen und klugen Roman nachlesen.
Daniela Krien | Der Brand | Diogenes | 22 Euro
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