Marvin Mehlem – das ewige Talent wird erwachsen

Der Mittelfeldspieler ist inzwischen Leistungsträger bei den Lilien

An seinen fußballerischen Fähigkeiten gab es nie Zweifel. Allerdings gelang es Marvin Mehlem lange nicht, sein Potenzial konstant abzurufen. Das hat sich inzwischen geändert. Mit 26 Jahren ist der Mittelfeldspieler in seiner ersten Bundesliga-Saison mittlerweile zum einem der absoluten Leistungsträger des SV Darmstadt 98 geworden.

Es gibt eine Szene aus dem Spiel gegen Werder Bremen Anfang Oktober, die exemplarisch zeigt, was Marvin Mehlem inzwischen auszeichnet: In der 50. Minute geht er am Bremer Strafraum zu Boden, doch das Spiel läuft weiter. Er rappelt sich auf, ist nach einem abgefangenen Bremer Fehlpass sofort wieder anspielbar, bleibt vor dem gegnerischen Keeper cool, verzögert noch und verwandelt dann zum 3:0.

Damit krönte der Mittelfeldspieler seine starke Leistung, war bester Mann beim 4:2-Erfolg, dem ersten Bundesliga-Sieg der Lilien nach dem Wiederaufstieg. Bereits das 1:0 hatte er mit viel Übersicht vorbereitet, zudem zeigte er eine enorme Laufleistung, war beim Pressing auf die Bremer Defensive meist in vorderster Front.

Alkohol und Allüren

Mit 19 war Mehlem 2017 vom Karlsruher SC ans Böllenfalltor gekommen. Immer wieder ließ der ehemalige U19-Nationalspieler in den gut sechs Jahren in Darmstadt sein Talent aufblitzen. Doch nach einem oder zwei guten Spielen folgte meist ein Leistungseinbruch. Mehlem hatte durchaus die eine oder andere Flause im Kopf – auf und neben dem Platz.

Im September 2020 wurde er mit 2,37 Promille am Steuer erwischt, zeigte bei der Verhandlung im Mai 2023 aber geläutert, was ihm das Gericht auch abnahm. Seit einem guten Jahr ist Mehlem zudem Vater einer Tochter. Auch wenn er das Thema nicht zu hoch hängen will – „das ist auch ein bisschen Extramotivation, dass man für das Kind Fußball spielt und erfolgreich sein will”, sagte er.

In frühen Jahren war er bisweilen eingeschnappt, wenn er nicht auf seiner geliebten Zehnerposition hinter den Spitzen spielen durfte. Es fehlte bisweilen einfach der Biss und die Beharrlichkeit. Erst unter Trainer Torsten Lieberknecht stabilisierte er sich und reifte bereits in der vergangenen Zweitliga-Saison zu einer der Stützen der Aufstiegsmannschaft.

Der 1,74-Meter-Mann bringt seine starke Technik immer besser ein, ist robuster geworden, auch aggressiver im Auftreten. Und er stellt sich bedingungslos in den Dienst der Mannschaft. Dass es in der Bundesliga so gut für ihn läuft, kommt für seinen Keeper Marcel Schuhen nicht überraschend. „Marv ist für mich ein Spieler, der in die Liga sehr gut passt“, sagt Schuhen. „Er ist sehr clever, hat ein Gefühl für Räume, weiß, was er machen muss und was er nicht machen muss.“ Mehlem sei einfach „ein cleverer Hund“.

Die „Hassliebe“ des Förderers

Mehlems Förderer Lieberknecht steuert wie immer dagegen, spricht augenzwinkernd sogar von einer Hassliebe, die ihn mit dem Spieler verbindet. Als Mehlem nach fünfmonatiger Verletzungspause Ende 2021 wieder zum Kader stieß, lobte Lieberknecht ihn immer wieder überschwänglich. Jetzt, da Mehlem so stark aufspielt, bremst er, verweist auf Szenen, in denen er sich noch besser hätte verhalten können. Die großen Fähigkeiten Mehlems sieht er durchaus und schätzt diese. Zugleich betont er aber immer wieder auch, dass sein Mittelfeldspieler noch mehr könne, als er oft abrufe.

Marvin Mehlem

Foto: Jan Hübner

… kam am 11. September 1997 in Karlsruhe zur Welt. Mit acht Jahren wechselte er von seinem Heimatverein SV Blankenloch in die Jugend des Karlsruher SC. Dort durchlief er die Jugendmannschaften, bevor er 2015 einen Profivertrag unterschrieb. Nach dem Abstieg des KSC in die 3. Liga im Sommer 2017 wechselte Mehlem zum Bundesliga-Absteiger SV Darmstadt 98. Dort debütierte er beim 1:0-Sieg gegen die SpVgg Greuther Fürth am 1. Spieltag. In seiner ersten Saison kam er auf 21 Spiele und zwei Tore. In seiner zweiten Saison entwickelte er sich unter Dirk Schuster zu einem Stammspieler und kam auf 30 Spiele mit insgesamt fünf Toren. Unter Dimitrios Grammozis kam er 2019/20 auf 26 Spiele und einen Treffer. In der Saison 2020/21 kam er unter Markus Anfang auf 32 Zweitligaspiele (fünf Tore). Nach fünf Monaten Pause aufgrund einer Knie-Operation kehrte er erst am 12. Spieltag der Saison 2021/22 auf den Platz für die Lilien zurück. Seither ist er ununterbrochen Stammspieler bei den Lilien. Sein im Dezember 2021 verlängerter Vertrag läuft bis 2025.