Die Neuen sind da!

von Stephan Köhnlein

Nach dem Bundesliga-Abstieg richtet sich der SV Darmstadt 98 neu aus. Ein Gerüst für den Kader ist zwar vorhanden. Ob jedoch tragende Spieler wie Marvin Mehlem, Marcel Schuhen oder auch Klaus Gjasula tatsächlich auch in der kommenden Zweitliga-Saison noch für die Lilien auflaufen werden, stand bei Redaktionsschluss nicht fest.

Bei den Neuzugängen sucht man große Namen bislang vergeblich. Aber das wäre auch nicht der Stil des SV Darmstadt 98 der vergangenen Jahre. Trainer Torsten Lieberknecht und der neue Sportdirektor Paul Fernie suchen vor allem nach Spielern mit Biss und Mentalität – eigentlich typische Lilien-Eigenschaften, die jedoch in der wenig glorreichen Bundesliga-Spielzeit zu oft fehlten. Wir sind gespannt!

Wer den SV Darmstadt 98 in der kommenden Saison verstärken soll

Ein Flügelspieler mit Real-Madrid-Vergangenheit, ein ambitionierter Torwart, ein Innenverteidiger, zwei Offensivspieler und drei zentrale Mittelfeldspieler – sie alle sollen den SV Darmstadt 98 in der kommenden Zweitliga-Saison möglichst weit nach vorne bringen. Bereits acht neue Spieler haben die Lilien unter Vertrag genommen. Und weitere Neuzugänge waren bei Redaktionsschluss nicht ausgeschlossen.

Personelle Änderungen im Trainerstab

Als Konsequenz aus der missratenen Saison hat der SV Darmstadt 98 die sportlichen Strukturen und Rollen neu geordnet. Dabei bekommt Chefcoach Lieberknecht neben Ovid Hajou einen neuen Co-Trainer. Es handelt sich um Darius Scholtysik. Der 57-Jährige, der Ende der 80er Jahre als Bundesliga-Spieler für Bayer Uerdingen spielte, war bereits zwischen 2008 und 2020 Co-Trainer von Lieberknecht in Braunschweig und Duisburg. Im Anschluss war Scholtysik als Co-Trainer beim FC Zürich tätig, in den vergangenen zwei Spielzeiten arbeitete er in gleicher Funktion bei der TSG Hoffenheim. Der bisherige Co-Trainer Kai Peter Schmitz wird ab sofort als Leiter Analyse fungieren. Zusammen mit Videoanalyst Max Kohl wird sich Schmitz mit Beginn der Vorbereitung somit noch stärker der Gegnerbeobachtung und Nachbereitung von Spielen widmen. Die neu geschaffene Position des Leiters Performance wird von Alexander Ryan bekleidet. Zuletzt war der 35-Jährige beim SV Wehen Wiesbaden angestellt.

Fynn Lakenmacher

Bereits im April hatten die Lilien als ersten Neuzugang den 23 Jahre alten Stürmer Fynn Lakenmacher verkündet. Er kommt ablösefrei von Drittligist TSV 1860 München. Beim SV Darmstadt 98 unterschrieb er einen Vertrag bis Juni 2027. Lakenmacher wurde bei Hannover 96 sowie dem TSV Havelse ausgebildet, für den er auch insgesamt drei Jahre im Herren-Bereich auflief. 2022 wechselte er zum TSV 1860 München, bei dem er sich auf Anhieb zum Stammspieler etablieren konnte. Für Havelse und den TSV 1860 absolvierte Lakenmacher insgesamt 101 Drittliga-Spiele (17 Tore und 6 Assists).

Lieberknecht hatte unter anderem Lakenmacher bei der Partie der Münchner Löwen gegen Halle Mitte Februar beobachtet. Dabei sei er aber nicht der einzige Beobachter gewesen, stellte er am Donnerstag klar. Auch der neue Sportdirektor Paul Fernie (damals noch in Diensten des SV Wehen Wiesbaden) habe nicht weit weg von ihm im Stadion gesessen. Er freue sich, dass Fernie den Spieler ähnlich einstufe, sagte der Lilien-Coach.

Vom Spielstil sei Lakenmacher eine robuste Nummer neun, die den Körperkontakt suche und zudem Bälle festmachen könne, sagte Fernie. Er zeige zudem Variabilität mit cleveren Bewegungen hinter die Kette. Lieberknecht hob hervor, dass man sich früh um Lakenmacher bemüht habe. Er sei ein Spieler, der auch für andere Zweitligisten interessant sei, befinde sich in einem jungen und entwicklungsfähigen Alter und arbeite sehr hart für sein Team. “Das ist erstmal ganz wichtig, weil wir das brauchen, um auch eine neue Energie zu bringen.”

Fynn Lakenmacher

Karol Niemczycki

Torhüter Karol Niemczycki kommt von Fortuna Düsseldorf. Der 24 Jahre alte, ehemalige polnische Nachwuchsnationalspieler hatte in der vergangenen Saison drei Einsätze für die Rheinländer bestritten.

Lilien-Sportdirektor Paul Fernie verwies auf den Konkurrenzkampf, den man auf der Torhüter-Position mit der Verpflichtung schaffen wolle. Ob Niemczycki tatsächlich ein Herausforderer für Stammkeeper Marcel Schuhen wird oder zumindest Alexander Brunst von der Nummer zwei verdrängt, muss sich aber erst zeigen. Torwarttrainer Dimo Wache gilt als ein Vertreter des offenen Konkurrenzkampfes, bei dem es keine Erbhöfe gibt, sondern die Leistung in Training und Vorbereitung entscheidend ist. Nicht ausgeschlossen war bis Redaktionsschluss jedoch auch, dass Stammkeeper Schuhen die Lilien ein Jahr vor Vertragsende im Sommer überraschend verlassen könnte.

Niemczycki startete seine Karriere in seiner Heimatstadt Krakau. 2017 wechselte er in die Niederlande in die U19 von NAC Breda. Im Mai 2018 gab der 1,90 Meter große Schlussmann für NAC sein Erstliga-Debüt. Zur Saison 2019/20 kehrte Niemczycki in sein Heimatland zurück, wo er zunächst 29 Einsätze in der 2. Liga für Puszcza Niepolomice absolvierte, bevor er zwischen August 2020 und Juli 2023 insgesamt 78 Pflichtspiele (72 Einsätze in der Ekstraklasa) für KS Cracovia bestritt. Zur Saison 2023/24 schloss er sich der Fortuna an, konnte sich dort aber nicht durchsetzen.

Karol Niemczycki

Paul Will

Von Drittligist Dynamo Dresden wechselt Paul Will ans Böllenfalltor. Der 25-Jährige ist defensiver Mittelfeldspieler. Will passe mit seiner Persönlichkeit und seinem Spielerprofil hervorragend nach Darmstadt, sagt Sportdirektor Paul Fernie. Er bringe die nötige Gier und Leidenschaft mit, zudem verfüge er über eine hohe Spielintelligenz. „Mit ihm erhalten wir einen fußballbegeisterten Teamplayer, der viel für die Mannschaft arbeitet und uns im defensiven Mittelfeld Stabilität verschaffen soll.“

Trainer Torsten Lieberknecht bezeichnete Will als einen strategisch denkenden Sechser. Will betonte, dass er als gebürtiger Hesse die Entwicklung der Lilien in den vergangenen Jahren verfolgt habe. Neben den sportlichen Erfolgen mit dem Bundesliga-Aufstieg vor einem Jahr, habe er aber auch den großen Zusammenhalt zwischen Fans und Mannschaft in der vergangenen Saison registriert.

Der gebürtige Hesse spielte einst in der Jugend der TSG Wieseck, dem gleichen Verein, dem auch der rund fünf Jahre jüngere Clemens Riedel entstammt. Später wurde er im Nachwuchs des 1. FC Kaiserslautern ausgebildet. 2018 schloss sich Will dem FC Bayern München an. Für die U23 des Rekordmeisters lief er in 40 Spielen auf, zudem stand er mehrfach im Kader der Profis. Im Sommer 2020 wechselte nach Dresden, für die er 129 Pflichtspielen bestritt.

Paul Will

Luca Marseiler

Von Drittligist Viktoria Köln kommt der Offensivspieler zu den Lilien. Sportdirektor Paul Fernie erklärte: „Luca Marseiler bringt die nötige Gier und Leidenschaft mit, die wir sehen wollen. Er sieht die neue Spielklasse als große Chance für sich und will sich beweisen. Genau dieses Feuer und diese Motivation brauchen wir.“ Laut Fernie hatte der 27 Jahre alte, gebürtige Münchner mehrere andere Angebote.

Marseiler wurde in der Jugend von Bayern München und der SpVgg Unterhaching ausgebildet und erzielte in der laufenden Saison in Köln bislang 14 Tore und legte 8 weitere auf (anderen Quellen zufolge 13 Tore und 9 Assists). Nach Fynn Lakenmacher vom TSV 1860 München ist er der zweite Neuzugang.

Bevor der Wechsel offiziell wurde, hatte bereits Trainer Torsten Lieberknecht die Variabilität des Spielers hervorgehoben. Marseiler habe „definitiv ein vielfältigeres Profil, als ihn nur als Stürmer zu sehen“. Er könne im vorderen Bereich verschiedene Positionen besetzen, auch auf der 10er- oder 8er-Position. In Köln habe er vor allem als hängende Spitze gespielt.

Luca Marseiler

Kai Klefisch

Von Zweitligist SC Paderborn kommt Kai Klefisch zum SV Darmstadt 98. Der 24 Jahre alte, gebürtige Leverkusener hat seine Stammposition im defensiven Mittelfeld. Beim SCP hatte er noch einen Vertrag bis 2025, so dass eine Ablösesumme fällig ist. Zur Höhe dieser Summe und zur Vertragslaufzeit bei den Lilien gab es keine Angaben.

Lilien-Sportdirektor Fernie, sagte, Klefisch habe schon knapp 50 Zweitliga-Partien bestritten, aber mit 24 Jahren die Möglichkeit, weitere Entwicklungsschritte zu gehen. “Wir waren schon länger an ihm interessiert und sind glücklich, dass der Transfer nun geklappt hat.” Trainer Lieberknecht nannte Klefisch einen “Mentalitätsspieler mit ausgeprägtem Siegeswillen”. Der Spieler selbst erklärte, er habe den SV Darmstadt 98 schon länger auf dem Schirm gehabt. “Dementsprechend bin ich sehr glücklich darüber, ab sofort eine Lilie zu sein.”

Für Paderborn bestritt Klefisch in den vergangenen zwei Spielzeiten 48 Spiele, erzielte dabei zwei Treffer und legte zwei weitere Treffer auf. Zuvor war er bei Viktoria Köln in der 3. und 4. Liga aktiv. In Darmstadt trifft er in Neuzugang Luca Marseiler auf einen ehemaligen Mitspieler aus der Kölner Zeit. In der Jugend hatte Klefisch acht Jahre für Bayer Leverkusen gespielt.

Kai Klefisch

Sergio Lopez

Sergio Lopez verstärkt den SV Darmstadt 98 auf den Flügelpositionen. Der 25 Jahre alte Spanier, der in Remscheid geboren und bei Real Madrid ausgebildet wurde, kommt vom FC Basel, wo sein Vertrag Ende Juni ausläuft. Lopez ist in erster Linie Rechtsverteidiger, kann aber auch auf der linken Abwehrseite spielen und ist zudem auf den beiden Schienenpositionen einsetzbar.

Sportdirektor Paul Fernie lobte die Geschwindigkeit und Dynamik des Neuzugangs und hob – ebenso wie Trainer Torsten Lieberknecht – dessen Variabilität hervor. Lopez war im Sommer 2016 in die Jugend von Real Madrid gewechselt. Von 2018 bis 2021 lief er für Reals Farmteam Castilla sowie die Zweitvertretung von Real Valladolid auf.

Anschließend wechselte er zum FC Basel in die Schweiz. In seinen drei Spielzeiten kam der Rechtsfuß auf 55 Partien in der höchsten Spielklasse (3 Tore, 3 Assists) und dazu auf sieben Pokal-Begegnungen. Im vergangenen August zog er sich einen Kreuzbandriss zu und verpasste den Großteil der Spielzeit. Die Verletzung scheint aber auskuriert. Gegen Saisonende kam Lopez dann noch auf zwei Kurzeinsätze. International bestritt Lopez mit Basel 21 Spiele, davon zehn Partien in der Conference League und elf Spiele in der Qualifikation für den Wettbewerb.

Sergio Lopez (re.)

Aleksandar Vukotic

Einen Tag vor dem Trainingsauftakt vermeldete der SV Darmstadt 98 den siebten Neuzugang: Innenverteidiger Aleksandar Vukotic kommt von Zweitliga-Absteiger SV Wehen Wiesbaden. Für den SVWW war der 28-Jährige in 28 Zweitliga-Partien aktiv, erzielte dabei zwei Tore und bestritt auch die beiden Relegationsspiele über die volle Distanz. Zuvor war der 2,01 Meter große alte Serbe unter anderem für den SK Beveren in der ersten und zweiten belgischen Liga am Ball.

Sportdirektor Fernie, der bis zum Frühjahr selbst für den SVWW gearbeitet hatte, sagte, kein Zweitliga-Spieler habe in der vergangenen Saison mehr defensive Kopfbälle gewonnen als Vukotic. „Wir sind total happy, dass sich Aleksandar trotz großen Interesses aus der zweiten Bundesliga für uns entschieden hat. Er ist ein echter Warrior, der sein Herz auf dem Platz lässt.” Cheftrainer Torsten Lieberknecht hob neben der Erfahrung des Neuzugangs auch hervor, dass dieser sich komplett in den Dienst der Mannschaft stelle.

Laut dem SV Wehen Wiesbaden nutzte Vukotic eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag. Über die Höhe der festgeschriebenen Ablösesumme hätten beide Vereine Stillschweigen vereinbart. „Aleksandar hat sich mit seinen Leistungen in den Fokus anderer Vereine gespielt, daher war uns klar, dass er nicht zu halten sein würde”, sagte SVWW-Sportgeschäftsführer Uwe Stöver.

Aleksandar Vukotic

Merveille Papela

Mittelfeldspieler Merveille Papela kommt ablösefrei vom 1. FSV Mainz 05. Dort wurde der heute 23-Jährige auch in der Jugend ausgebildet. Seine Profizeit verbrachte der gebürtige Mainzer – unterbrochen von einer einjährigen Leihe beim damaligen Zweitligisten SV Sandhausen – ebenfalls ausschließlich bei den Rheinhessen.

Vergangene Saison kam er in zwölf Pflichtspielen zum Einsatz. Von der der U15 bis zur U20 durchlief er zudem sämtliche DFB-Nationalteams und bestritt 28 Nachwuchsländerspiele.

Sportdirektor Paul Fernie erklärte, Papela zeichne sich durch eine hohe Dynamik und Ballgewinnquote aus. „Mit seinem Tempo und seiner Handlungsschnelligkeit wird er uns auch in Pressing-Momenten helfen können.“ Trainer Torsten Lieberknecht verwies darauf, dass der Neuzugang bereits Erfahrung in der Bundesliga und 2. Liga gesammelt habe, aber zugleich noch Potenzial für weitere Entwicklungsschritte besitze.

Merveille Papela