High Five mit Walter Renneisen

1. Heinerdeitsch, der göttlichen Dialekt: Gott schuf die Welt in sieben Tagen. Am achten waren die Dialekte dran. Alle Deutschen hatten einen Dialekt nur die Heiner nicht. Da waren die Heiner sehr traurig. Irgendwann hatte Gott Mitleid mit ihnen und sprach also: „Reescht Eusch net uff, babbelt wie ISCH“. Alfred Kerr schrieb über das Heinerdeitsch anlässlich eines Gastspiels des „Datterich“ um 1930 im Deutschen Theater in Berlin: „Darmstädtisch ist ein unwiderstehlich drolliges, kostbares Platt. Redet, wie man nicht reden soll, und ihr werdet unsterblich, sprecht, wie zu sprechen ihr euch schämt und ihr kommt ins Paradies“. (Alfred Kerr, 25.12. 1867 – 12.10.1948, deutscher Schriftsteller, Theaterkritiker und Journalist)
2. Die technischen Abteilungen und Werkstätten des Staatstheaters: Sie arbeiten im Verborgenen und bekommen nie Applaus. Ohne sie würde das Theater nicht stattfinden. Ein Gewandmeister erzählte mir diese Geschichte: Ein Schauspieler bestellt bei einem Schneider aus der Schneiderei eine Hose. Der Schneider liefert sie nicht. Dem Schauspieler wird gekündigt und er verlässt Darmstadt. Nach sieben Jahren wird er wieder engagiert. Da liefert der Schneider die Hose. „Mein lieber Schneider“, sagt der Schauspieler, „Gott hat die Welt in sieben Tagen erschaffen und Du brauchst für eine Hose sieben Jahre“. Da streicht der Schneider zärtlich über die Hose und sagt: „Guck Dir dieses Kleidungsstück an – un dann guck Dir die Welt an“.
3. Das halbNeun-Theater ist eine Kleinkunstbühne in der Darmstädter Innenstadt. In einer gemütlichen Atmosphäre wird ein vielseitiges Programm geboten. Von Kabarett und Comedy, über Chanson- und Folk-Konzerte bis hin zu Kindervorstellungen. Seit seiner Gründung im Jahr 1980 tritt dort die Creme der deutschen Kabarettisten auf. Aber auch junge, noch unbekannte Talente werden auf die Bretter der Kleinkunstbühne geholt. Eine Bereicherung für Darmstadt.
4. Eissalon Eis-Roth: Hier gab es schon seit über 90 Jahren das beste Eis in Darmstadt und nach dem Krieg unter der Intendanz von Gustav Rudolf Sellner das beste Theater in Deutschland, was mich dazu bewog, von meinem Heimatort Raunheim am Main ab meinem 17. Lebensjahr Theatervorstellungen in Darmstadt zu besuchen (mit der Bahn!) und mir vor der Vorstellung ein Eis bei Eis-Roth zu gönnen. Später, als ich ein eigenes Auto besaß – einen Citroën 2CV – fuhr ich auch ohne Theaterbesuch die 38 Kilometer von Raunheim nach Darmstadt, um ein Walnuss-Eis von Eis-Roth zu essen.
5. Georg-Büchner-Platz: Mein Lieblingsplatz in Darmstadt. Vorher eine Scheußlichkeit aus Waschbetonplatten und Gestrüpp und jetzt ein Beispiel feinster Architektur. Dieser Wechsel zwischen Rasen und Beton, ein herrlicher Ort zum Verweilen, die pilzförmigen Eingänge zur Tiefgarage als Antwort auf die Kuppel der Sankt-Ludwig-Kirche. Dazu kommt, dass durch den Umbau, das Staatstheater für mich zum architektonisch wertvollsten Neubau in Darmstadt wurde. Dem Architekten Professor Arno Lederer ein großes Lob und ein herzliches Dankeschön!