Innenverteidiger verkörpert Lilien-Grundtugenden

Von Stephan Köhnlein

Er ist sicher nicht der filigranste Techniker im Kader des SV Darmstadt 98. Aber dafür lässt Thomas Isherwood in jedem Spiel sein Herz auf dem Platz. Mit seinem Kampf, seinem Willen und seiner Moral verkörpert der Schwede Darmstädter Grundtugenden, die ihn zu einem wichtigen Bestandteil des Teams machen.

Den Muskelbündelriss hatte sich Thomas Isherwood im ersten Saisonspiel gegen Regensburg bezeichnenderweise bei einer Rettungsaktion zugezogen. Nach einer längeren Zwangspause spielte er sich erst zum Ende der Hinrunde wieder in der Stammelf fest. Doch ausgerechnet im Pokal-Derby bei Eintracht Frankfurt saß er 90 Minuten auf der Bank. Darüber auch nur ansatzweise Enttäuschung zu zeigen, würde jedoch nicht zu dem Schweden passen, der alles dem Erfolg der Mannschaft unterordnet.

„Wir haben viele gute Spieler. Mal spielt der eine, mal der andere. Wenn ich auf der Bank sitze, helfe ich dem Team eben von der Bank”, sagt der 25 Jahre alte Innenverteidiger. Konkurrenzkampf und Teamgeist seien zwei wesentliche Faktoren, die den SV Darmstadt 98 auszeichneten. Dazu komme ein gutes Verständnis mit dem Trainer, der am Ende der Boss sei und die Entscheidungen treffe.

Trainer Torsten Lieberknecht weiß, was er an seinem Spieler hat – und was nicht. Für Isherwood sprechen sein Einsatz und seine Robustheit, er ist einer jener Spieler, die ihr Herz auf dem Platz lassen. Dabei wirkt er bisweilen allerdings auch etwas hölzern und hüftsteif, hat zudem noch Defizite beim Spielaufbau. Gegen die extrem schnelle und wendige Frankfurter Offensive wäre er wohl nicht der richtige Mann gewesen.

Kaum Gelbe Karten für einen Verteidiger

Nach dem Pokal-Aus gegen Frankfurt stand Isherwood dann im nächsten Spiel gegen Braunschweig wieder in der Startelf. Allerdings musste er in der 68. Minute gelb-vorbelastet beim Stand von 0:1 für den offensiven Keanan Bennetts weichen und seine Mitspieler fortan von der Bank unterstützen. „Das war eine ziemlich aufregende Schlussphase. Wir haben es dann doch noch geschafft, die Partie mit zwei Toren zu drehen, was uns natürlich sehr glücklich gemacht hat.”

Fotos: Florian Ulrich/Jan Hübner

Dass Isherwood in der Partie die Gelbe Karte gesehen hatte, war durchaus bemerkenswert. Denn trotz seiner Position in der Innenverteidigung und seiner etwas rustikal anmutenden Spielweise kommt der Schwede mit ausgesprochen wenig Verwarnungen davon. In seinen bislang neun Einsätzen in der laufenden Spielzeit war es die erste Verwarnung. In der vergangenen Spielzeit waren es vier Gelbe Karten gewesen.

Um das Thema will Isherwood jedoch kein großes Aufheben machen. Er gehe mit Entschlossenheit in die Zweikämpfe, was ihm in der Regel gut gelinge. „Ich versuche, hart, aber fair zu spielen. Aber wenn ich eine Gelbe Karte für das Team ziehen muss, dann mache ich das natürlich.”

Warten auf das erste Tor

Noch geringer als bei den Verwarnungen fällt die Zahl bei seinen Toren aus. Bislang (Redaktionsschluss 24. Februar) gelang dem 1,95-Meter-Mann nämlich noch kein Treffer für die Lilien. Aber auch hier gilt: “Ich versuche, immer alles für das Team zu geben. Wenn es ein Tor ist, ist das gut. Aber wenn ich dem Team mit einer Grätsche helfe, ist das auch gut.”

Anfang 2021 war Isherwood, der unter anderem beim FC Bayern München ausgebildet wurde, ans Böllenfalltor gekommen. Mehrere Verletzungen sorgten dafür, dass er seither nur rund die Hälfte aller Pflichtspiele für die Lilien bestreiten konnte. Trotzdem sagt er: „Es waren zwei gute Jahre.“ Das liegt auch daran, dass er mit Frau, seinem knapp drei Jahre alten Sohn und dem Familienhund schnell heimisch geworden ist. „Das fühlt sich wie zu Hause an”, sagt er.

Zur Person:
Thomas Mattias Poppler Isherwood (gesprochen mit Ischerwudd, nicht Eischerwudd) kam am 28. Januar 1998 in Söderort, einem Vorort von Stockholm, zur Welt. Seine Mutter ist Schwedin, sein Vater Engländer. Mit 17 Jahren gab er für den IF Brommapojkarna sein Profidebüt. Im Juli 2015 wechselte er in die U19-Mannschaft des FC Bayern München. Zu Beginn der Saison 2017/18 wurde er in den Kader der zweiten Mannschaft berufen, die zu diesem Zeitpunkt in der Fußball-Regionalliga Bayern spielte. Als Ersatzspieler kam er über die Saison auf 18 Einsätze in der Liga.
Im Juni 2018 unterschrieb er einen Zweijahresvertrag beim englischen Zweitligisten Bradford City, konnte sich dort jedoch nicht durchsetzen. Im Januar 2019 wechselte er zum schwedischen Erstligisten Östersunds FK. Dort etablierte er sich als Stammspieler. Anfang 2021 unterschrieb er einen bis Juni 2024 gültigen Vertrag beim SV Darmstadt 98. Auf internationaler Bühne durchlief Isherwood alle schwedischen Jugendnationalmannschaften. Ebenfalls wäre er für England spielberechtigt.