Jannik Müller – der ruhende Pol

Nach Anfangsproblemen ist der Defensivspieler eine wichtige Stütze

Von Stephan Köhnlein

Als er zum SV Darmstadt 98 wechselte, war er als Stammspieler vorgesehen. Doch es kam anders. Zwischenzeitlich gehörte er nicht einmal zum Kader. Doch inzwischen hat sich Jannik Müller still und solide zum Stammspieler gemausert.

Jannik Müller

Manchmal fällt der Wert eines Spielers erst richtig auf, wenn er nicht dabei ist. Jannik Müller ist so ein Fall. Wenn der Defensivspieler in dieser Saison nicht in der Startformation stand, haben die Lilien nie gewonnen. Doch von solchen Statistiken hält er nicht viel: „Fußball ist ein Mannschaftssport. Es geht darum, dass wir das Spiel gemeinsam erfolgreich bestreiten“, sagt der 29-Jährige.

Ein Tor in 40 Pflichtspielen

Spektakuläre Szenen sieht man bei ihm selten. Auch vor dem gegnerischen Tor sorgt er nicht häufig für Aufsehen. Gerade ein Tor war ihm in den bislang gut 40 Pflichtspielen für die Lilien bis Redaktionsschluss gelungen. Aber das war wichtig: Sein Kopfballtreffer im Hinspiel gegen Paderborn bescherte im vergangenen Herbst den 2:1-Auswärtssieg.

Ansonsten verrichtet Müller seinen Dienst für die Mannschaft unaufgeregt und zuverlässig – meist auf einer der Positionen in der Dreier-Abwehrkette, aber gelegentlich auch im defensiven Mittelfeld. Als ihm im vergangenen Herbst ein entzündetes Sprunggelenk starke Schmerzen bereitete und er kaum trainieren konnte, biss er auf die Zähne, schleppte sich bis in die Winterpause.

Eine wichtige Stütze im Team

Er ist mittlerweile eine wichtige Stütze beim SV Darmstadt 98. Doch danach hatte es in seiner Anfangszeit nicht ausgesehen. Im Sommer 2021 war Müller vom slowakischen Erstligisten DAC Dunajska Streda zu den Lilien gewechselt. Zuvor hatte er für Dynamo Dresden gespielt. Ausgebildet wurde er beim 1. FC Köln, wo er aber nicht über die zweite Mannschaft hinauskam. Mit seiner Erfahrung galt er als potenzieller Stammspieler, um den Abwehrtalente wie Patric Pfeiffer, Thomas Isherwood oder Clemens Riedel herangezogen werden sollten.

Doch zu Beginn der vergangenen Saison fielen zahlreiche Lilien-Spieler wegen Corona aus. Die jungen Spieler mussten ran und machten ihre Sache gut. Müller half auf der Außenverteidigerposition oder im defensiven Mittelfeld aus, gab dabei nicht immer eine glückliche Figur ab. Als wieder alle Spieler fit waren, hatten sich Pfeiffer und Isherwood in der Innenverteidigung festgespielt. Und Müller war draußen. In der Hinrunde 2021/22 gehörte er sogar zeitweise nicht einmal mehr zum Kader.

Fotos: Jan Hüber/Florian Ulrich

„Die Situation war natürlich schwierig”, räumte er in einem Interview rückblickend ein. „Aber am Ende steht immer der Erfolg der Mannschaft im Vordergrund.“ Natürlich mache man sich als Spieler dann seine Gedanken. Doch eine Flucht aus Darmstadt sei für ihn kein Thema gewesen. „Mir war klar, dass ich mich hier durchbeißen will.“

„Der Trainer nimmt alle mit – sowohl bei den Ansprachen wie auch im Training“

Halt gegeben hätten ihm in dieser schwierigen Zeit seine Familie und seine Freunde. Zudem habe er seinen Master in Controlling vorangetrieben und dort das eine oder andere Erfolgserlebnis gesammelt. Geholfen habe ihm auch die Ansprache von Torsten Lieberknecht. „Der Trainer nimmt alle mit – sowohl bei den Ansprachen wie auch im Training“, sagt Müller. Das komme bei anderen Trainern auch ganz anders vor. Als Spieler müsse man in solchen Situationen auch Geduld haben und sich immer wieder anbieten.

In Darmstadt fühlt sich Müller wohl – auch weil er dort in Marcel Schuhen und Fabian Schnellhardt zwei ehemalige Mitspieler aus Kölner Zeiten wiedertraf. Mit Schuhen habe er im Internat des 1. FC Köln „die eine oder andere Minute miteinander verbracht”. Im Juniorenbereich und später in der U23 spielten er und der ein Jahr ältere Keeper ebenfalls zusammen, ehe sich ihre Wege 2014 trennten. Natürlich sei Schuhen gereift, als Typ aber so geblieben, wie er damals schon war: „Geradeaus. Er sagt, was er denkt und hat immer einen witzigen Spruch auf den Lippen.“ Es sei schön, wieder mit ihm zusammenzuspielen, das sei schließlich nicht alltäglich, dass man Wegbegleiter aus der Jugend später in einem anderen Verein wiedertreffe.

Dass Müller und Schuhen in der Internatszeit auch mal über die Stränge geschlagen haben, ist nicht auszuschließen, wie auch das Schmunzeln auf dem Gesicht des Abwehrspielers bei der Frage nahelegt. Nach über einem Jahrzehnt sollte das verjährt sein. Doch Müller hat ein Gelübde abgelegt. „Ich habe meinem früheren Internatsleiter Oliver Heitmann versprochen, darüber nicht zu reden, weil er mal ein Buch darüber schreiben wollte“, sagt er und fügt an: „Ich glaube, das Buch ist noch nicht erschienen. Von daher kann ich nichts preisgeben.“ Aber natürlich werde es die eine oder andere witzige Geschichte geben, wenn viele Jungs im Internat zusammenhocken.

Zur Person
Jannik Müller kam am 18. Ja­nuar 1994 in Adenau zur Welt. Seine Fußballkarriere begann beim SV Wershofen-Hümmel, bevor er zum 1. FC Köln wechselte und dort in der Jugend spielte. Zur Saison 2013/14 stieß er zur zweiten Mannschaft des Vereins. In der Folgesaison schloss er sich dem Drittligisten Dynamo Dresden an, mit denen er in seinem zweiten Jahr in die 2. Bundesliga aufstieg. In den folgenden Jahren entwickelte sich Müller zum Stammspieler und fungierte zeitweise als Mannschaftskapitän.
Zum Ende der Saison 2019/20 stieg Dresden ab und Müller verließ den Verein, da sein bis 2022 laufender Vertrag keine Gültigkeit für die 3. Liga besaß. Er ging zum slowakischen Erstligisten DAC Dunajska Streda, wo er Stammspieler war. Zur Saison 2021/22 kehrt Müller nach Deutschland zurück und unterschrieb beim SV Darmstadt 98 einen Vertrag bis zum 30. Juni 2024.