Das Justus-Liebig-Haus

Ein Gebäude für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Darmstadt

Ein Beitrag von Nicolaus Heiss

Luftaufnahme aus dem Jahr 2014

Auf dem ehemaligen Gelände der zerstörten Altstadt zwischen Holzstraße und Kaplaneigasse in Darmstadt wurde am 3. April 1964 das neue Bürgerhaus mit Volkshochschule, Bibliothek und großem Saal eingeweiht. Der große Saal dient heute der Stadtverordnetenversammlung als Sitzungsraum. Schon seit 1958 bemühte sich die Stadt Darmstadt um den Bau eines Bürgerhauses, das sowohl der Repräsentation der Stadt als auch der Volksbildung dienen sollte. Der 1959 realisierte Entwurf wurde unter Beratung des Wiener Architekten Franz Schuster vom Hochbau- und Maschinenamt entwickelt. Seinen Namen erhielt der Bau nach dem in der Kaplaneigasse geborenen Begründer der organischen Chemie, Justus Liebig.

Nach Schusters Plänen entstand bereits 1953 die „Kinderwelt“ in der Kittlerstraße als einer der fünf bekannten Darmstädter Meisterbauten der Ausstellung „Mensch und Raum“. Der dreigliedrige Entwurf in der sparsamen Bauweise der 1950er Jahre weist zeittypische Elemente wie vorkragende Flachdächer, filigrane Stützen und eine großzügige Fensterfront auf.

Der aus Kuben komponierte, zwei- bis dreigeschossige Baukörper des Justus-Liebig-Hauses ist mit Natursteinplatten verkleidet, das Flachdach mit Kupferblech gedeckt. Er ist in seiner Architektursprache zurückhaltend modern und funktional. Die Fenster sind der jeweiligen Nutzung angepasst und variieren daher in Größe und Form. Den Nutzungen entsprechend ist das Gebäude in drei Trakte geteilt: In dem höheren Mittelbau, der zum Platz hin großzügig verglast ist, befindet sich die große gemeinsame Eingangshalle für Bibliothek und Volkshochschule und im ersten Obergeschoss der Veranstaltungssaal. Die Vortrags-, Kurs- und Werkräume der Volkshochschule befinden sich im nordwestlichen Trakt. Sie bilden sich nach außen hin mit großen Klassenfenstern ab. Der niedrigere Trakt entlang der Kaplaneigasse enthält die Bibliothek. Die beiden Flügelbauten ragen etwas nach vorne, sodass ein kleiner Vorhof gebildet wird. 1994 wurde das Gebäude durch einen Erweiterungsbau für die Bibliothek von dem Architekten Michael Kleinert ergänzt.

Der zeittypische Innenausbau wurde von Günter Henning gestaltet und ist zum großen Teil bis heute gut erhalten. Hierzu gehören verschiedene Natursteinböden, die Holzverkleidung im großen Saal, die Türen und einige der Beleuchtungskörper. Auch die Treppenhäuser mit ihren zweifarbigen Granit-Marmor-Stufen und dem filigranen Treppengeländer aus Metallstäben sind erhalten geblieben. Da das Bürgerhaus Treffpunkt kultureller Geselligkeit sein sollte, gestaltete Günter Henning die gemeinsame Eingangshalle mit vielen kommunikativen Aufenthalts- und Sitzbereichen. Das Foyer dient für Ausstellungen und Kulturveranstaltungen.

Die Gestaltung der Grünflächen übernahm der Ulmer Landschaftsarchitekt Günther Grzimek. Im November 1962 stellte man auf den großen Platz vor dem Haupteingang die Plastik „Der große Tanzschritt“ von Giacomo Manzu, 1985 die Plastik „Handfüßler“ von Michael Schwarz auf.