anti.HELDEN-Jubiläum in Darmstadt

5. Ausgabe des spartenübergreifenden Theaterfestivals

Held*innen – wir alle kennen und lieben sie und ihre Geschichten. Beneidenswert, wie ihnen alles zu gelingen scheint, sie jede Widrigkeit meistern und ihnen dabei auch noch alles leicht von der Hand zu gehen scheint. Aber sie wirken stets so unerreichbar und übermenschlich mit ihrer Tugendhaftigkeit und ihren herausragenden Fähigkeiten. Um einen besonderen Fokus auf all jene zu richten, denen das Erreichen ihrer Ziele nicht so leichtfällt, widmet die theater INC. Darmstadt ihr Festival den anti.HELDEN, eben jenen Menschen mit Konflikten, innerer Zerrissenheit, die immer wieder mit ihren Idealen ringen und oftmals Suchende oder Getriebene sind, so wie jeder von uns. Menschen, die versuchen das Richtige zu tun, aber nicht genau wissen wie. Menschen wie wir.

In diesem Jahr freut sich heater INC. Darmstadt nicht nur auf eine weitere Ausgabe unseres Festivals – diesmal mit  Jubiläum: 5 Jahre anti.HELDEN-Festival in Darmstadt! Eröffnet wird die Jubiläumsausgabe am Donnerstag mit dem Gastspiel „20.25 – Und wo warst du!?“ von Maximilian Friedel. In dieser intermedialen Performance mit Live-Musik geht es um die Gratwanderung zwischen Schmerz und Erwachen, Sicherheit und Ausbruch, die dazu aufruft, gegenwärtige Gesellschaftsentwicklungen zu hinterfragen und sich selbst im allgemeinen Gewühl zu positionieren. Am Freitagabend zeigen wir dann eine exklusive „Work in Progress“-Preview unserer neuen Inszenierung „Macbeth“ , die erst im Folgejahr Premiere feiern wird. Im Zentrum dieser immersiven Fassung stehen Macbeth und Lady Macbeth, wodurch das Publikum in blutiger Wirklichkeit Zeuge ihres ebenso rasanten Auf- wie Abstiegs und ihres Wahnsinns wird. Der Samstag startet erneut mit einem Workshop aus der Sparte Tanz: Die beiden Tänzer Alessio Damiani und Enzo Boffa führen u.a. mit Übungen zu Improvisation und Sensibilität im Umgang mit anderen Körpern in ihr choreografiertes Duett „When we collide“ ein, das am Abend zu erleben sein wird und die Macht einer Umarmung erforscht. Zwischen den beiden Veranstaltungen freuen wir uns am Samstagnachmittag auf eine kleine Premiere: Mit der Romanbearbeitung „Amerika“ von Kafka in a suitcase folgen wir Karl Roßmann auf seiner Reise durch Franz Kafkas imaginäres Amerika in Form einer musikalischen, poetischen und emotionsreichen Odyssee. Im Zusammenspiel zwischen Puppe und Erzähler wird diese Reise zu einer eindringlichen Auseinandersetzung mit einem universellen Thema: dem unermüdlichen Streben nach einem erfüllten Leben. Zurück am Samstagabend folgt als weiterer Programmpunkt eine Vorstellung unserer jüngsten Premiere der theater INC. Factory mit Georg Büchners „Leonce und Lena“. Die Inszenierung beleuchtet die existenzielle Sinnsuche junger Menschen und fragt am Beispiel der beiden Königskinder, wie viel Raum für persönliche Entfaltung in einer vorbestimmten Welt bleibt. Im Anschluss an diese Veranstaltung wird zur Festivalparty mit Karaoke geladen. Am Sonntagmittag gibt es eine Vorstellung der Familieninszenierung „Sechse kommen durch die ganze Welt“, nach dem Märchen der Gebrüder Grimm, zu erleben. Den Festivalabschluss bildet ein Gastspiel des Schauspielers Christian Klischat, der uns die Geschichte vom „Schinderhannes“ aus der Perspektive dessen Henkers erzählt und sich in einem eindrucksvollen Solo den unterschiedlichen Facetten dieses berühmten Räubers nähert und wie in einer Collage zusammenträgt. Gerahmt wird das Festival wie in jedem Jahr von der Festival-Lounge sowie von Nachgesprächen mit den Künstlern ausgewählter Produktionen. Diese werden in gewohnter Weise von der Radio Darmstadt-Moderatorin Petra Schlesinger gestaltet und geführt.

Das anti.HELDEN-Festival findet dieses Jahr vom 27. bis zum 30. November 2025 im Theater Moller Haus statt. Den vollständigen Spielplan, Infos zu den einzelnen Veranstaltungen sowie etwaige Programmänderungen unter www.antihelden-festival.de, der Homepage des Theater Moller Haus sowie dem in Kürze erscheinenden Programmheft.

27.11. bis 30.11.25 | Theater Moller Haus | Sandstraße 10 | Darmstadt | www.antihelden-festival.de

20.25 – Und wo warst du!?

Maximilian Friedel

„Irgendwann habe ich das nicht mehr ausgehalten. Ich dachte, da muss doch jetzt endlich etwas passieren. Irgendetwas muss doch jetzt endlich passieren!“

Bürger B hat Schmerzen. Irgendwo zwischen unterem Rippenbogen und Bauchnabel scheint ein großes Loch zu sein. Ein Loch, in das täglich der soziale und asoziale Ausfluss einer konformen technokratischen Konsum- und Vergnügungsgesellschaft fließt. Doch jetzt soll es gestopft werden, irgendwie versiegelt, weggesaugt durch eine Ideologie, die alle gleichstellt, gleich macht, keine Unterschiede, kein Individuum, sondern Massenzucht. „Endlich wieder etwas spüren“, denkt er sich. „Endlich wieder wahre Gefühle und vielleicht, vielleicht scheint dann irgendwann wieder der Himmel durch dieses Loch!“

Angelehnt an Aldous Huxleys dystopisches Werk „Brave New World“, das mit seiner Kritik an totalitären Systemen die Abschaffung des denkenden Individuums proklamiert, machen sich die zwei Protagonisten auf die Suche. Irgendwohin nach da drinnen. Ohne große Erwartungen, aber einer Ahnung, dass es da noch mehr geben muss. Hineingeworfen in die eigene Psyche werden Grenzen untersucht und ausgelotet. Es beginnt eine Gratwanderung zwischen Schmerz und Erwachen, Sicherheit und Ausbruch, die dazu aufruft, gegenwärtige Gesellschaftsentwicklungen zu hinterfragen und eine eigene Position zu entwickeln. Und vielleicht findet sich dann in irgendeinem verstaubten Eck ein letzter Fleck Gewissen, oder so etwas ähnliches!

Ein intermediales Theaterstück mit Live-Musik, einem Bauzaun, vielen Mänteln und zwei Körpern mit dem Potential, sich selbst zu verlieren!

Do. 27.11.25 | 20 Uhr | Theatersaal | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/und-wo-warst-du

Macbeth

theater INC. Factory

m Schottland des 11. Jahrhunderts hallt unter den Schatten von Ehrgeiz und Blut eine unheilvolle Prophezeiung wider: Macbeth, ein tapferer Heerführer, begegnet drei Hexen, die ihm seinen Aufstieg zum König vorhersagen. Angetrieben von einem stetig wachsenden Verlangen nach Macht und angestachelt durch seine Gattin, die äußerst zielstrebige Lady Macbeth, begibt er sich auf einen dunklen Pfad aus Mord und Täuschung. Es dauert nicht lange und Macbeth schreckt auch vor dem Mord an seinem besten Freund nicht zurück, um sein Schicksal in die Hand zu nehmen und den Thron zu sichern. Doch mit jedem Verbrechen wächst sein paranoider Wahn und der einst so ruhmreiche Held versinkt in einem Strudel aus Blut, Verzweiflung und Gier.

Mit „Macbeth“ zeichnet William Shakespeare eine Geschichte des unaufhaltsamen Abstiegs, vielleicht sogar einen psychologischen Thriller, der die zerstörerische Natur blanker Gier und unstillbaren Machthungers offenbart und dabei das lauernde Gespenst der Schuldgefühle erforscht. Unsere Fassung reduziert die Tragödie auf ihren Kern und konzentriert sich ausschließlich auf die erschütternde Dynamik zwischen Macbeth und Lady Macbeth. Auf einer intensiven Reise in die menschliche Psyche werden wir Zeug*innen ihres ebenso rasanten Auf- wie Abstiegs und ihres Wahnsinns. In blutiger Wirklichkeit wird das innere Ringen mit Macht und Schuld durch rohen körperlichen Ausdruck dargestellt. Das Verwischen der Grenzen von Innenleben und äußerer Darstellung lädt – unterstützt von auditiven Elementen – zu einer immersiven, berauschenden Theatererfahrung ein.

Die Premiere der „Macbeth“-Inszenierung ist zwar erst für 2026 geplant, doch auf dem diesjährigen Festival kann man eine exklusive Preview in Form eines „Work-In-Progress“ erleben!

Fr. 28.11.25 | 20 Uhr | Theatersaal | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/macbeth

Amerika

Kafka in a suitcase

Der junge Karl Roßmann wird von seinen Eltern in die weite Welt geschickt. Mit einem Koffer voll gemischter Gefühle und Erinnerungen gelangt er mit dem Schiff nach Amerika. Seine Reise führt ihn durch die Straßen New Yorks, ins Hotel Occidental, in eine schäbige Wohnung und an viele Orte mehr. Dabei begegnet er allerhand kurioser Gestalten, darunter sein wohlhabender Onkel, zwei zwielichtige Landstreicher oder die resolute Oberköchin. Karl nimmt die unterschiedlichsten Tätigkeiten auf – bis ihn seine scheinbar endlose Reise weiter bis in die schillernde Welt des Theaters führt.

Franz Kafkas Romanfragment „Der Verschollene (Amerika)“ erzählt die Geschichte von Karl Roßmann, doch entgegen der Vermutung, dass Karl sich nach der Erfüllung seines amerikanischen Traums sehnt, scheint dieser eher ziellos seinen Halt in der neuen Welt zu suchen und stolpert anfangs eher in sein Schicksal hinein, bevor er beginnt, es selbst in die Hand zu nehmen. Angelehnt an Heppenheimers Adaption des Romanfragments als Schauspielsolo von 2022 entsteht nun eine Bearbeitung, in der Mensch und Puppe –  Romanfigur und Autor – aufeinandertreffen. Mit der Originalstimme und allerlei Originalausstattung aus der Inszenierung Heppenheimers entsteht ein neues Zusammenspiel, indem sich Karls Reise durch Kafkas imaginiertes Amerika als eine musikalische, poetische und emotionsreiche Odyssee entfaltet. Geprägt von Höhen und Tiefen, gefangen zwischen Fremd- und Selbstbestimmung aber immer wieder vom Zufall oder Schicksal gerettet, wird diese Reise zu einer eindringlichen Auseinandersetzung mit dem universellen Thema der unermüdlichen Suche nach einem erfüllten Leben.

Sa. 29.11.25 | 18 Uhr | Theatersaal | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/amerika

When we collide

Alessio Damiani

Die Performance mit dem Titel „When we collide“ (dt. „Wenn wir zusammenprallen“) erforscht den Abdruck, den eine Umarmung hinterlässt – eine ersehnte, erinnerte und gleichzeitig verzweifelt benötigte Umarmung. Alles beginnt mit der Abwesenheit, mit einer fehlenden, vergangenen Umarmung, die im Körper nachhallt wie eine Spur von etwas, das einst tief empfunden wurde. Während sich die Bewegung langsam entfaltet, wird die Suche nach dieser verlorenen Verbindung dringend, verzehrend, fast unerträglich. Was zunächst als sanfte Erinnerung beginnt, wird zur Notwendigkeit, einem tiefgreifenden, verzehrenden Verlangen. Das Spiel aus Nähe und Distanz, miteinander verbunden und aneinander gefesselt zu sein, macht die Dramatik dieses intimen Pas-de-Deux aus. Schließlich erreicht die Performance ihren Höhepunkt in einem kraftvollen Zusammenstoß – einer Umarmung, die so intensiv ist, dass sie an Zerstörung grenzt.

Begleitet werden die Tanzenden dabei von sphärischen Klängen, die dank ihrer Reduziertheit sehr unmittelbar, sanft und zerbrechlich sind. Was zunächst zurückhaltend und forschend klingt, steigert sich gemeinsam mit der Bewegung. Tauchen Sie ein in ein Tanzstück, das Sie umfangen, mitreißen und so schnell nicht mehr loslassen wird.

Sa. 29.11.25 | 20 Uhr | Theatersaal | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/when-we-collide

Festivalparty

mit Karaoke & 80s Musik

Auch dieses Jahr heißt es auf unserer alljährlichen Festivalparty wieder: Es ist Karaoke-Zeit! Stöbert im Katalog, sucht euch einen oder gleich mehrere Songs aus und performt, wie Ihr noch nie performt habt – die Bühne gehört euch! Als Belohnung für euren mit Sicherheit einzigartigen Auftritt wartet dann ein Shot aufs Haus an der Theaterbar auf euch! Und solange niemand performen möchte, heizen wir der Stimmung auf dem Dancefloor musikalisch mit dem Besten aus den glorreichen 80ern ein!

​Das langjähriges Factory-Ensemblemitglied Yanna Vick geleitet charmant und mit Stimmungsgarantie durch den Abend.

Sa. 29.11.25 | ab ca. 22 Uhr | Theatersaal & Foyer | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/festivalparty-2025

Sechse kommen durch die ganze Welt

theater INC. Darmstadt

Sam besucht seit diesem Schuljahr das Gymnasium. Nach den täglichen Schulbesuchen, widmet sich Sam statt Hausaufgaben zu machen lieber einer großen Leidenschaft: Superheld*innen. Während die Eltern besorgt über die fortwährende Flucht Sams in Fantasiewelten sind, ist Tante Minerva, oder besser gesagt ihr Gartenhaus, der beste Zufluchtsort, um sich stundenlang den superschnellen, superstarken und superschlauen Comic-Held*innen hinzugeben. Doch eines Tages kommt Sam ins Grübeln über die eigene Existenz, ganz ohne übernatürliche Fähigkeiten. Glücklicherweise ist Tante Minerva da und hat eine tröstende Geschichte im Gepäck, die von sechs ganz besonderen Menschen erzählt, die durchs Land ziehen, sich gegen einen bösen König behaupten müssen und dabei gemeinsam, alle mit ihren ganz eigenen Stärken, verschiedene Gefahren überwinden müssen. Inspiriert von dieser Geschichte entdeckt Sam so vielleicht doch noch eine eigene Superkraft in sich verborgen.

​Ausgehend vom eher unbekannten Märchen “Sechse kommen durch die ganze Welt” der Gebrüder Grimm wird hier eine zeitgemäße Superheld*innengeschichte erzählt, die dazu anregen soll, seine eigenen Stärken und Schwächen in sich zu finden sowie sie sich zunutze zu machen. Dabei kommt auch die Freundschaft nicht zu kurz, denn gemeinsam kann man so viel mehr erreichen. Egal ob Held*in oder Antiheld*in – in jedem Menschen schlummern besondere Fähigkeiten, die uns einzigartig machen und entdeckt werden wollen.

So. 30.11.25 | 15 Uhr | Theatersaal | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/sechse-kommen-durch-die-ganze-welt

Schinderhannes

Christian Klischat

Der, den wir da auf fast leerer Bühne sehen, hat eine Verabredung, die er nicht versäumen will. Eine Verabredung mit dem schönen Hannes, der als „Schinderhannes“ einer der berühmtesten Räuber der deutschen Geschichte wurde. Wer war der Mann, der nach dem Motto „Live fast – die young“ zu leben schien, der mit dem Diebstahl von Hammeln und Pferden begann, in brutaler Weise Straßenraub beging und bewohnte Häuser plünderte, Menschen erpresste und ihnen Schutzgeldzahlungen abverlangte, und der sich nicht scheute, Mord und Totschlag zu begehen?

​Der, den wir da auf fast leerer Bühne sehen, will wissen, auf wen er trifft an diesem 21. November 1803 gegen ein Uhr am Nachmittag vor den Toren der Stadt Mainz: dem Tag der Hinrichtung des schönen Hannes im Kreise von neunzehn seiner Spießgesellen. Und so erinnert sich dieser Mann an viele Zeugen, die im Prozess – oder in seiner Fantasie – höchst gegenteilige Dinge zum Delinquenten zu sagen hatten: an die Mutter und die Geliebte, an den auf den Tod zugerichteten Kaufmann, an den Leibkameraden, an den öffentlichen Ankläger, den irre gewordenen Pfarrer, den Metzger voller Bewunderung, an den bettelarmen Jugendfreund oder einen stiernackigen Hehler. Die Aussagen puzzeln sich am Ende, frei von folkloristischer Legendenbildung, nicht nur zum Bild einer bewegten Kriegszeit zusammen, sondern lassen auch das Exemplarische eines Lebensweges ahnen zwischen krimineller Energie und der Gunst der Stunde.

So. 30.11.25 | 18 Uhr | Theatersaal | Theater Moller Haus | www.antihelden-festival.de/schinderhannes