Lesen oder nicht lesen?
Das ist doch immer die Frage. Lohnt sich ein Buch, das überall beworben und hoch gelobt wird? Und was ist mit unbekannten Titeln, die irgendwo an der Seite liegen, sind die vielleicht besonders gut? Lesegeschmäcker sind verschieden, aber bei manch einem gehypten Roman lohnt sich ein genauer Blick, bevor man ihn zur Hand nimmt. Und andere muss man gezielt suchen, sonst verpasst man was. Hier sind zwei Beispiele.

Buchhändler lieben den Roman. Während des Corona-Lockdowns wurde er zum Megaseller und als anrührend, magisch oder sogar grandios gelobt. Aber ist „Der Gesang der Flusskrebse“ mehr als eine sehr gefühlige Geschichte mit viel Natur und einem fragwürdigen Frauenbild?

1952 in den amerikanischen Südstaaten mitten im Marschland. Die sechsjährige Kya wird erst von der Mutter, dann ihren Geschwistern und zuletzt vom trunksüchtigen Vater verlassen. Sie hat kein Geld, kann weder lesen noch schreiben und ist ganz auf sich gestellt. Aber die Kleine kämpft sich durch, schließt Freundschaft mit Möwen, erkundet die Natur, lernt Maisgrieß zuzubereiten und haust mausallein in einer kargen Hütte. Im nahen Dorf schert sich keiner um das Marschmädchen. Nur der Farbige Jumpin´ erkennt ihre Not und unterstützt sie nach Möglichkeit. Kya wächst zu einer wilden Schönheit heran, die alles alleine kann und als ungezähmtes Mädchen die Dorfmänner fasziniert. Auch der kaum ältere Tate verliebt sich in das Mädchen. Er bringt ihr nicht nur hübsche Vogelfedern, sondern auch Lesen und Schreiben bei. Zum Studium verlässt er das Dorf und damit auch Kya, die das kaum verwindet. Aber Tate sorgt dafür, dass ein Verlag auf die ungebildete aber ungemein kluge Kya aufmerksam wird und sie zur Buchautorin avanciert. Leider erliegt auch Frauenheld Chase den Reizen der Naturschönheit und gaukelt ihr Zuneigung vor, dabei will er doch nur ihre Unschuld rauben. Kya durchschaut das, erwehrt sich des Bösewichts und gerät prompt unter Mordverdacht, als Chase tot aufgefunden wird. Natürlich deutet alles auf Kya als Mörderin hin und natürlich … aber das können Sie selbst lesen. Wenn Sie das wirklich wollen.

Delia Owens: Der Gesang der Flusskrebse | Hanser | 22 Euro