Die Hinrunde verpasste er fast komplett wegen einer schweren Verletzung. In der Rückrunde sorgte er bislang für viel Furore auf der rechten Außenbahn des SV Darmstadt 98. Damit empfiehlt sich Tim Skarke für höhere Aufgaben.

Von Stephan Köhnlein

Heidenheims Trainer Frank Schmidt hatte bei seinem früheren Zögling Tim Skarke eine gewisse Vorahnung. Als er nach dem Hinspiel mit seinem Kumpel aus Jugend-Fußballzeiten, dem Darmstadt-Coach Torsten Lieberknecht, noch ein wenig zusammensaß, prophezeite Schmidt, dass der damals verletzte Skarke ein ganz wichtiger Spieler für die Lilien werden könne, wenn er gesund sei und das Vertrauen erhalte. „Leider habe ich Recht behalten“, seufzte Schmidt einige Monate später nach der 2:3-Niederlage seiner Mannschaft am Böllenfalltor und schob zur Klarstellung nach: „Leider für uns, nicht für ihn.“

Das Siegtor gegen den Ex

Hoch motiviert war Skarke in die Partie gegen seinen Ex-Verein gegangen, holte sich bereits nach fünf Minuten die Gelbe Karte wegen eines Foulspiels ab. Aber der 25 Jahre alte Flügelspieler wirbelte auch über den Platz, war ständig anspielbar, suchte den Abschluss und krönte seine Leistung mit dem Siegtor. Dabei profitierte er allerdings von einem Fehler seines früheren Mitspielers Kevin Müller: Der Heidenheimer Torhüter ließ den mittig geschossenen Fernschuss Skarkes durch die Finger rutschen.

Skarke stammt aus Heidenheim, wurde in der Jugend des Vereins von der Ostalb groß. Doch für einen Stammplatz bei den Profis reichte es dort nicht. So entschloss er sich 2019 zum Wechsel nach Darmstadt. „Es war damals gut, den Schritt zu machen, um sich weiterzuentwickeln, persönlich, aber auch mit einem anderen Umfeld“, sagte sein Ex-Coach Schmidt und flüchtete sich dann in Galgenhumor: „Das passt natürlich für uns, dass er den Siegtreffer gemacht hat.“

Dabei hatte die Saison schlecht für Skarke begonnen. Mit Adduktorenproblemen war er in die Vorbereitung gegangen. Die Beschwerden verschlimmerten sich, der Muskel machte komplett zu. Eine Operation war unumgänglich. Eine wochenlange Pause folgte, die bislang längste in seiner Karriere. „Das hat schon viel Kraft gekostet“, sagte er rückblickend. Aber er habe positiv nach vorne geblickt. Jetzt sei er „einfach glücklich“, dass er wieder fit sei. „Auf dem Platz versuche ich, einfach meinen Kopf auszuschalten und das Bestmögliche für das Team zu tun. Und das scheint mir sehr gutzutun.“

Der Flügelmann vor dem Abflug?

Wie es für Skarke weitergeht, war allerdings bei Redaktionsschluss noch offen. Sein Vertrag läuft zum Saisonende aus. Eine erste Verhandlungsrunde über eine Verlängerung scheiterte. „Das erste Angebot haben wir abgelehnt. Jetzt gehen die Verhandlungen ganz normal weiter“, sagte er. Auf die Frage, ob er denn kommende Saison in der Bundesliga spielen werde, antwortete er lachend: „Ich hoffe, wir schaffen es, mit Darmstadt 98 hochzugehen. Ansonsten schauen wir mal, was passiert.“

Denn natürlich träume jeder Junge davon, in der Bundesliga zu spielen. Er fühle sich in Darmstadt sehr wohl, versuche im Kopf für die Spiele frei zu sein. „Für mich zählt im Moment nur die Situation mit Darmstadt“, bekräftigt Skarke. Am Ende liegt es natürlich auch an den sportlichen Perspektiven, aber wohl vor allem am Geld, für welchen Verein Skarke in der kommenden Saison spielen wird.

Ein Hoch auf den Teamgeist

Dass sich Skarke in Darmstadt wohlfühlt, klingt allerdings glaubwürdig. Immer wieder lobt er den Zusammenhalt. Nach der Niederlage im Spitzenspiel bei Werder Bremen und der wohl spielentscheidenden Roten Karte für Klaus Gjasula stimmte er ein Loblied auf seinen Mitspieler und den Teamgeist an.

„Ein Sündenbock müssen wir nicht suchen“, sagte er. „Ich liebe die Art, wie Klaus Fußball spielt, seine Aggressivität, wie er als Leader uns nach vorne peitscht.“ Dass sich Gjasula danach für den Platzverweis beim Team entschuldigte, hätte er aus Skarkes Sicht gar nicht tun müssen: „Wenn so etwas passiert, stehen wir als Mannschaft zusammen.“
Mit den Spitzenspielen gegen Nürnberg, St. Pauli und Schalke stehen im April die „Endspiel-Wochen“ für die Lilien an, wie Skarke sagte. „Für uns gilt es, von Woche zu Woche zu sehen. Wir brauchen den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Denn wir haben so eine gute Ausgangsposition.“ Schließlich will Skarke ja in die Bundesliga.

Tim Skarke kam am 7. September 1996 in Heidenheim zur Welt. Seine Karriere begann er bei der TSG Nattheim. Im Jahr 2008 wechselte er in die Jugend des 1. FC Heidenheim. Dort rückte er zur Saison 2015/16 in die erste Mannschaft auf. Am 9. August 2015 absolvierte er beim 4:1-Sieg über den FK Pirmasens in der 1. Runde des DFB-Pokals sein erstes Pflichtspiel. Sein Debüt in der 2. Bundesliga gab Skarke am 27. September 2015 beim 1:1 gegen den Karlsruher SC, wobei er in der Nachspielzeit eingewechselt wurde. In seinem zweiten Einsatz am 18. Oktober 2015 erzielte er im Heimspiel gegen den MSV Duisburg den 1:0-Siegtreffer. Am 1. September 2017 absolvierte er sein einziges Spiel in der U21-Nationalmannschaft, die Ungarn 1:2 unterlag.
Zur Saison 2019/20 wechselte er zum SV Darmstadt 98. Am 28. Juli 2019 gab er beim 1:1 auswärts gegen den Hamburger SV sein Debüt für die Lilien. Nach seiner Einwechslung zu Beginn der zweiten Hälfte traf er nach nur wenigen Sekunden. In seiner ersten Saison für die Südhessen hatte er 29 Einsätze und drei Tore. Unter Trainer Markus Anfang kam er in der Saison 2020/21 auf 30 Zweitliga-Einsätze und fünf Tore. Wegen einer Adduktorenverletzung verpasste er die ersten 14 Spieltage der Saison 2021/22.