Die Jury

Außergewöhnlich, exzellent geschrieben und unbändig spannend: Der Roman der amerikanischen Autorin sticht hervor aus der Fülle der Neuerscheinungen. Denn hier wird mal etwas anderes etwas anders erzählt.

Als C-2 und F-17 werden sie vorgestellt und auch sie lernen sich auch nur unter diesen Kürzeln kennen: Die 52-jährige Fotografin (C-2) und der Anatomieprofessor Ende Dreißig (F-17) sitzen in einer Jury, die in Florida in einem spektakulären Prozess Recht sprechen soll. Die insgesamt sechs Geschworenen leben während der wochenlangen Verhandlung isoliert und von Sicherheitspersonal bewacht in einem Motel. Sie sollen so unbeeinflusst wie möglich über das Schicksal der Angeklagten entscheiden, einer 16-jährigen Autistin, die ihren Bruder ermordet haben soll. Alles spricht gegen Anca, die mit ihrer Zwillingsschwester die ersten Lebensjahre in einem rumänischen Waisenhaus verbrachte, bevor das Ehepaar Butler sie adoptierte. Jahre später kommt der Bruder zur Welt. Anca gesteht den Mord – aber ist sie überhaupt schuldfähig? Kann das emotionslose Mädchen so eine Tat verübt haben? Oder waren es die Schwester und ihr Freund? Darüber haben die Geschworenen zu befinden – das ist ein Teil der Geschichte. Der andere ist die heimliche Affäre, in die C-2 und F-17 verbotenerweise schlittern, die ihr Urteilsvermögen beeinflusst. Für die Frau, die mit einem herzkranken 86-Jährigen verheiratet ist, ist die Untreue ein vermeintlich letztes Liebesaufbegehren. Der Mann sieht mehr darin. Die leidenschaftlichen Gefühle nehmen beide so sehr in Beschlag, dass der Prozess zum Nebenereignis wird. Das hat Folgen für beide. Kühl sezierend erzählt Ciment, auf den Punkt und mit lässiger Tiefenschärfe – großartig!

Jill Ciment: Anatomie eines Prozesses, ars vivendi, 20 €


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