Das Darmstädter Prinzenpaar 2023

Prinz Martin I und Prinzessin Sylvia I, Foto: Fotostudio Michels

Prinz Martin I und Prinzessin Sylvia I

Die Narrhalla wurde 1846 gegründet, besteht also mehr als 16 mal 11 Jahre und ist damit der weitaus älteste Karnevalsverein Darmstadts. Nach langer Durststrecke gibt es da endlich ein neues Prinzenpaar. Martin I und Sylvia I, im bürgerlichen Beruf ist er beliebter Orthopäde in Darmstadt und sie versierte Steuerfachwirtin ebenfalls in Darmstadt, sind jetzt nach zwei Jahren der fast vollständigen – coronabedingten – Untätigkeit voll in ihrem fürstlichen Element!

Hier geben die Hoheiten Auskunft über Lebensweg, Vorgeschichte und Wünsche für eine glanzvolle Regentschaft in der fünften Jahreszeit.

Eure Tollitäten, wie kam es denn dazu, dass ihr das fürstliche Amt übernommen habt?
Ich war Facharzt in Wien, als Oberarzt, nur noch am operieren. Es war wenig Zeit für die Familie – die Kinder waren noch klein. Es war sehr anstrengend. Da haben wir uns entschieden nach Darmstadt zu gehen. Ich hatte 1983 nach dem Abitur an der THD angefangen Chemie zu studieren. Hatte also „kleine“ Wurzeln in Darmstadt. Im dritten Semester habe ich dann in Frankfurt den Studienplatz für Medizin bekommen, den ich eigentlich auch angestrebt hatte. Damals waren wir schon ein Paar. Sylvia hatte auch schon im Steuerbüro angefangen.

Und wie kam es, dass ihr nach Darmstadt gekommen seid?
Die Eltern und Schwiegereltern bekamen gesundheitliche Probleme und wir waren 700 Kilometer weg. Und die Kinder wurden größer. Da kam dann die Entscheidung eine Praxis zu übernehmen. Der große Zufall wollte es, dass ein Orthopäde mit einer Praxis nahe der Innenstadt in Darmstadt seit längerem versuchte, einen Nachfolger zu finden. Ich rief an, kam an eine Mitarbeiterin – sie ist übrigens heute noch meine Mitarbeiterin – und hat mich mit ihrem Chef verbunden. Und dann folgte ein so herzliches Gespräch mit dem Kollegen Kreischer und als ich erfuhr, dass die Praxis in der Martinstraße ist, da haben wir erstmal herzhaft gelacht. Als ich die Praxisräume sah, war ich sofort in die familiäre, perönliche Atmosphäre verliebt. Zum 1. Mai 2001 habe ich dann die Praxis übernommen.

Wie kam dann die Verbindung zur Narrhalla?
Wir sind beide gesellige Menschen, tanzen gerne, reisen gerne, fahren begeistert Ski, sodass wir bald einen größeren Bekanntenkreis hatten – auch und gerade durch die tollen VORHANG AUF-Leserreisen, bei denen wir bald oft dabei waren, entwickelte sich ein Netz aus guten Freunden. Von denen sprach mich einer an – das hab ich auch Dir durch die Reisen zu verdanken – dass bei der Narrhalla lebenslustige und aktive Mitglieder immer willkommen sind. Und dann sind wir 2014 eingetreten.

Der 11er Rat der Narrhalla 1846: v.l.n.r. stehend: Karlheinz Fleischer, Mike Hermann, Volker Hofmann, Sylvia und Martin Schlauer, Richard Passet, Andreas Schanz, Jürgen Keller. V.l.n.r. knieend: Peter Gröber, Ottmar Beutel, Carlo Schütz, Daniel Hofmann (nicht im Bild: Klaus Wilmesmeier, Elmar Lindhorst und Sascha Otto)

Und wie kam es, dass ihr zum Prinzenpaar wurdet, einundvierzig Jahre nach Udo und Gesine Schubert von der Tanzschule Bäulke in Darmstadt, dem letzten Prinzenpaar?
Ich kam schnell in den Elferrat, bin dort Minister für Knackiges. Irgendwann kam das Gespräch auf: „Wir haben doch jetzt bald ein Doppeljubiläum 175 Jahre und ein Jahr später 16 mal 11 Jahre Narrhalla!“ Zudem hab ich auch noch zweimal 11 Jahre meine Praxis. Die Idee kam, dass es toll wäre, wenn es endlich wieder mal ein Prinzenpaar in Darmstadt gäbe. Ich wurde gefragt. Nach anfänglichem Zögern und der Versicherung, dass alle mithelfen und wir nicht alleine gelassen werden mit unseren Pflichten, haben wir zugesagt. Und mittlerweile bereuen wir diesen Schritt keinen Moment, weil wir erkennen, was für einen Wert dieser Verein hat.

Wie meist Du das?
Das ist der elftälteste Karnevalsverein nach rheinischer Tradition. Er ist in einem Zug mit Mainz, Köln und Düsseldorf entstanden. Er wurde zu Zeiten Ludwigs II, Sohn des „Langen Ludwigs“, vom Volk gegründet. Die Franzosen und auch die katholische Kirche wollte in dieser Zeit die Oberhoheit wieder erlangen über das linksrheinische Territorium, Mainz und „bei Rhein“, das ja damals zu Darmstadt gehörte. Die Vereine waren – auch schon in ihren Farben, mit dem umgekehrten bleu-blanc-rouge für Frankreich und gold für die Kirche – Ausdruck der Verballhornung dieses Anspruchs.
Auch die aufkommende Stimmung zur deutschen Revolution 1848 fand in diesen Gründungen einen Ausdruck. Beides hat mich sehr beeindruckt. All das finde ich wichtig und wertvoll, das unterstützen wir gerne und – wie man sieht – mit vollem Einsatz.

Foto: Fotostudio Michels

Das sieht man auch an den wirklich schönen Kostümen, das Prinzessinenkleid und die Prinzenuniform.
Ja, wir haben uns die extra schneidern lassen nach meinen Entwürfen und den Beratungen der Schneiderin. Und damit ist es vollkommen anders, als die Kostüme, die man im Handel kaufen kann. Ich finde es der Sache und den Jubiläen würdig. Das Jubiläum, die 175 Jahre, die Geschichte dazu und die Entwicklungen von damals – davon zehren wir ja heute noch – das alles war der Grund, warum wir es machen.

Welche Pflichten hat denn das Prinzenpaar?
Wir sollen möglichst alle Vereine bei ihren größeren Veranstaltungen besuchen. Das sind in Darmstadt zwölf. Da gibt es sehr aktive Vereine. Es gibt einen Magistratsempfang, den Rathaussturm und da auch die Besuche und die Auftritte auf den Bühnen der Vereine, dann der Empfang beim Ministerpräsidenten in Wiesbaden. Wir haben uns bei allen Auftritten willkommen gefühlt.

Welche Kosten entstehen denn, wenn man Prinzenpaar ist?
Wir haben uns die Köstüme nach unseren Vorstellungen schneidern lassen. Da kann man sich vorstellen, dass das schon was kostet. Natürlich kommen noch die Kosten für Fahrten und so weiter dazu. Es ist eben ein großer Zeitaufwand. Aber als Selbständiger kann ich das ja ganz gut einteilen. Die Narrhalla unterstützt – natürlich nicht finanziell – aber mit voller Man-Power.

Wie gehts weiter?
Man ist Prinzenpaar bis zur Proklamation des nächsten Paares, wenn auch in weiteren Jahren nicht unbedingt im Ornat. Wir hatten das Glück, von Ingeborg Schubert das Zepter übergeben zu bekommen. Sie und ihr Mann Horst waren das erste Prinzenpaar nach dem Krieg. Ganz wichtig ist erstmal der 11.2. im Maritim Hotel, wo die große Prunksitzung stattfindet, Beginn ist um 18.46 Uhr, da gibt es noch wenige Tickets, die kann man unter www.narrhalla1846.de bekommen.

Verehrte Prinz Martin I und Prinzessin Sylvia I, ich wünsche erstmal eine freudige Zeit bis zum Aschermittwoch, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte VORHANG AUF-Magazin Chefredakteur Giuseppe Pippo Russo