Böse Nachbarn

Der Blick dahinter
Was von außen oft so adrett aussieht, ist aus der Nähe betrachtet nicht selten alles andere als schön. Das können wir ganz entspannt in Romanen nachlesen, zum Beispiel wie sich eine Familienidylle als Alptraum herausstellt oder wenn sich unvorstellbare Abgründe auftun in den vermeintlich gehobenen Gesellschaftskreisen. Diese beiden druckfrischen Bücher haben´s in sich.

Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt …, das Schiller-Zitat trifft hier vielleicht nicht ganz zu. Aber in die richtige Richtung weist es schon: Osnat zieht mit Mann und den beiden Töchtern in ein hippes Wohnviertel. Doch die Nachbarschaft entpuppt sich als, gelinde gesagt, schwierig.

Richtig schick ist die Gegend am Stadtrand von Tel Aviv nicht. Noch nicht – davon zumindest gehen Osnat und Dror aus, als sie dort ein heruntergekommenes Haus kaufen. Nach mühevoller Renovierung zieht die vierköpfige Familie ein, begeistert und überzeugt, dass sich das Viertel zu einem In-Bezirk der Stadt entwickeln wird. Da passen sie als supermoderne Familie hin, meinen sie: Dror arbeitet im Homeoffice an einer Software, die Kinder vor Internet-Pornographie schützen soll, Osnat hat einen Job in der Geschäftsleitung eines Bio-Supermarktes. Das Einleben gestaltet sich aber holprig. Seltsam wirken die Nachbarn, mit dem älteren Herrn gegenüber gibt es gleich Streit um einen Parkplatz. Shani, Lior und ihre Kinder von nebenan scheinen dagegen ganz nett zu sein. Wären bloß nicht ihre Kampfhunde: Das Paar züchtet Dogo Argentinos und scheint ansonsten wenig zu tun zu haben. Das anfängliche Unbehangen der neu Zugezogenen nimmt unaufhaltsam zu. Dann wird ihr Briefkasten zertrümmert und zweimal ins Haus eingebrochen, woraufhin die Nachbarn der Familie einen Kampfhundewelpen schenken. Sieht schlecht aus für den Traum vom trauten Familienglück inmitten Gleichgesinnter. Doch es sind nicht nur die Nachbarn, die Einbrüche, das Gefühl, beobachtet zu werden … Osnat entwickelt Begierden und auch Dror scheint sich zu verändern. Die israelische Autorin macht aus einer kuriosen Vorortgeschichte einen subtilen Gesellschaftsroman, in dem es nicht zuletzt um die übertriebenen Ansprüche moderner Familien geht.

Noa Yedlin: Leute wie wir, Kein & Aber, 23 Euro

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