Inspiration

Ach Walter!

Selbstdiszipliniert, hart gegen sich selbst und auch mit anderen nicht zimperlich ist Walter Nowak, die Hauptfigur aus Julia Wolfs zweitem Roman. Auf diesem Kurs schwimmt er beharrlich, bis es ihn aus der Bahn wirft. Nachzulesen ist das in einem langen Monolog, der Walters Leben auffächert wie einen Strauß welker Blumen.

Walter Nowak, 68 Jahre alt und rebellisch rüstig, schwimmt allmorgendlich seine 1000 Meter im Schwimmbad. Bis er eines Tages mit voller Wucht an die Beckenwand prallt und sich mit Platzwunde auf dem Boden seines Badezimmers wiederfindet. Wie genau er dorthin gelangt ist, und was ihn an diesen Punkt seines Lebens gebracht hat, rekonstruiert der Rentner in langen Gedankenpassagen. Darin blitzen Momente aus seinem Leben auf, auch seine Haltung zu anderen und sich selbst wird transparent: Walter zeigt sich als überheblicher, bisweilen lächerlicher alter Mann, für den man nur zögerlich Mitleid entwickelt. Walter ist mit einer mehr als 20 Jahre jüngeren Frau verheiratet, blickt auf eine gescheiterte Ehe zurück und hat einen erwachsenen Sohn. Auch wenn es ihm nie an Frauen mangelte und er beruflich erfolgreich war, klafft ein schwarzes Loch in seinem Selbst. Denn vieles hat er verdrängt, in maskuliner Überheblichkeit Gefühle der anderen übergangen. Nun liegt er da und ist auf sich selbst zurückgeworfen – Julia Wolf beschreibt das schonungslos, ein bisschen böse, aber doch mit Verständnis für dieses selbstsüchtige Leiden des alten W..

Julia Wolf: Walter Nowak bleibt liegen | Frankfurter Verlagsanstalt | 21 Euro