Abgefahrene Eheszenen
Er trinkt viel, liebt Fastfood und heult oft. Er hat einen Reizdarm, fährt gerne betrunken Auto und vergisst schon mal die Kinder auf dem Rücksitz. Scott ist als Ehepartner eine Katastrophe, diese Erfahrung macht Sarah. Sie ist Namensgeberin dieser beinah autobiografischen, sehr besonderen Chronik einer gescheiterten Beziehung.
Ein bisschen abstoßend ist er schon, so weinerlich, latent unappetitlich und irgendwie kindisch selbstherrlich. Aber man muss Scott mögen. Weil er kein Blatt vor den Mund nimmt und beweist: Tiefsinn materialisiert sich niemals ehrlicher als aus vermeintlichem Unsinn. „Sarah“ ist eine moderne, sehr tragikomische Beziehungsstory zwischen manisch und banal, die voll unverfälschter Lebensweisheit steckt. Scott McClanahan, 1978 geborener Schriftsteller aus West Virginia, erzählt schlaglichtartig, wie er und Sarah sich kennenlernen, wie sie Kinder bekommen und im Ehealltag untergehen, wie Sarah die Reißleine zieht und Scott in seinem Kummer vermüllt. Aber eigentlich erzählt er von sich, von seinen Neurosen, seinem kleinen Größenwahn, seinen Ängsten. Das klingt narzisstisch. Und das ist es auch. McClanahan will nichts sein, was er nicht ist, er entblößt sich schonungslos. Die hochberührend erzählte Geschichte ist skurril und witzig, dabei aber ungemein tiefsinnig. Schließlich stecken Sätze darin, die man sich merken sollte. Etwa dieser: „Damals wusste ich das noch nicht, aber die Geschichte unseres Lebens ist die Geschichte unserer Cheeseburgerbestellungen.“
Scott McClanahan: Sarah | ars vivendi | 22 Euro