Am 3. September startet der 11. Internationale Waldkunstpfad am Böllenfalltor – Bis 23. Oktober präsentieren dort 23 Künstler*innen aus zwölf Ländern ihre Ideen zum Motto „Kunst Natur Wandel“ – Erstmals „Digitaler Wald“

Seit 20 Jahren gibt es den Internationalen Waldkunstpfad in Darmstadt am Böllenfalltor. Im Jahr 2002 brachte Kuratorin Ute Ritschel erstmals Kunst in den Wald. Die Idee dazu war auf der Ludwigshöhe geboren worden, wo sie gemeinsam mit dem Künstler Joachim Kuhlmann und den Förstern Dr. Arnulf Rosenstock und Peter Fischer über Zukunftsfragen nachgedacht hatte. Bald darauf wurde der Verein für Internationale Waldkunst als Trägerverein gegründet, und es konnte losgehen. Eingeladen waren damals 17 Künstler*innen aus sieben Ländern, sich vom Motto „Recherche“ inspirieren zu lassen. Zwei Jahre später ging es um „Expeditionen“, 2006 folgte das Motto „Kunst/Ökologie“, und so kam alle zwei Jahre neue Kunst in den Wald.

„Kunst Natur Wandel“ heißt es jetzt zum 11. Internationalen Waldkunstpfad, der am Samstag, 3. September 2022, um 15 Uhr am Platz der Vogelhäuser eröffnet wird. Bis 23. Oktober können Waldbesucher 31 Kunstwerke von 23 Künstler*innen aus zwölf Ländern auf sich wirken lassen. Offen für den Zeitgeist zeigt sich der Veranstalter mit dem „Digitalen Wald“, einem innovativen Experimentierfeld, das erstmals Waldkunst virtuell anreichert und damit neue Erlebnisse schafft. Die digitalen Exponate sind zum größten Teil in einer Ausstellung in der Schader-Stiftung (Goethestraße 2) vom 21. September bis 23. Oktober zu sehen, darunter Arbeiten von Lukas Einsele. Dritte Waldkunst-Location ist das Freigelände der Grube Messel. Dort präsentieren ab 15. September Moritz Dornauf („Torii – ein Tor in eine andere Zeit“) und Thomas May („Green Sphere“) ihre Werke.

Jens J. Meyer, Forest dome – augmented dome
Lua Rivera, Sacred

Zurück zum Böllenfalltor: Auf dem 2,6 Kilometer langen Kunstpfad verbindet sich Großformatiges mit Kleinteiligem, Handfestes mit Filigranem, Leuchtendes mit Dezentem, Mythologie mit Physik, Urwüchsiges mit Zartheit, Transzendenz mit Pragmatismus. Waldbesucher werden auch in diesem Jahr wieder mit künstlerischer Vielfalt belohnt. Sanft schlängeln sich beispielweise Miniatur-Strohhüte um die Eiche am Eingang zur Alten Bogenschneise – eine zauberhaft-zarte Arbeit von Lee Kuei-Chih aus Taiwan. Sehr präsent ist dagegen Jan Gerlings „Aëria“, ein an Ästen und am Boden befestigtes kinetisches Objekt in kräftigem Orange, auf dem die Blätter der umliegenden Bäume Schatten werfen, wenn es sich im Wind bewegt.

Der gebürtige Schweizer Ernest Daetwyler, der heute in Kanada lebt, vertiefte sich in die nordische Mythologie und zimmerte aus Ästen ein riesiges Boot, das zum Platznehmen einlädt. Seine Überzeugung: „Wir sitzen auch im Wandel alle in einem Boot.“ Sitzgelegenheiten hat auch Imke Rust aus Südafrika an ihrem künstlichen Baum angebracht – zum Pause machen, „damit Gedanken lebendig werden“. Moritz Dornaufs sargähnliche Holzkiste, in deren Innerem ein vergoldeter Baumstamm zu erkennen ist, gibt Rätsel auf und regt die Fantasie an. Thomas May hängt schwere Graskugeln in die Bäume, Kim Rathnau lässt Kautschuk-Quallen von den Ästen baumeln, Nina Bendzko und Regina Frank spielen mit den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft. Die einzige figürliche Skulptur stammt von dem Südkoreaner Ri Eung Woo: ein überlebensgroßer, geschlechtsloser Mensch, dessen leere, zu einem Ring geformte Arme einen Baum umfassen wollen, den es nicht mehr gibt.

Thomas Neumaier steuert mit seinen acht Schildern „zur Landschaftsordnung“ eine Portion Humor bei, Helina Hukkataival aus Finnland verteilt zarte Wohlfühlpüppchen im Wald, und auch Lua Rivera (Mexiko) und Saly Kidall (Australien) haben ihre eigene Art, mit dem Jahres-Motto umzugehen. Nicht zu vergessen Waldkunst-Veteran Thomas Neumaier, der mit seinem „Travelling Forest“ – Holzblöcke mit Griff, die man mitnehmen und an anderer Stelle absetzen kann – bereits den ersten Waldkunstpfad 2002 bereicherte und somit die Verbindung vom Damals zum Heute herstellt. Beachtung verdient schließlich eine Gruppe Studierender der Hochschule Darmstadt unter der Leitung von Prof. Sabine Breitsameter, die am Goetheteich einen Hörweg mit sieben Stationen angelegt hat. Thema: „Tomorrow I‘m alive“.

Eröffnet wird die Ausstellung am 3. September um 15 Uhr mit einem Rückblick auf 20 Jahre Internationale Waldkunst. Es folgen die Begrüßung durch den 1 Vorsitzenden des Waldkunstvereins, Dr. Peter Schüler, und ein Grußwort des Schirmherren, Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch. Weiter sprechen Karin Wolff, die Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt Rhein/Main, der Leiter des Forstamtes Darmstadt, Hartmut Müller, Dr. Jutta Weber, Geschäftsführerin des UNESCO Global Geopark Bergstraße-Odenwald und Kuratorin Ute Ritschel.

Ri Eung Woo, The lost tree
Jan Gerling, Aëria
Imke Rust, Pause

Im Anschluss an die Eröffnung sind von 16 bis 18 Uhr die Künstler*innen bei ihren Kunstwerken anzutreffen und freuen sich auf reges Publikumsinteresse. Helina Hukkataival plant eine Performance an verschiedenen Orten, eine weitere Aktion bereitet Nina Bendzko für 16.30 Uhr an ihrem Kunstwerk vor.

Am Sonntag, 4. September, hat das Kinderstück vom Theater Lakritz, „Kleine Hexen, große Pläne“, um 14 Uhr Premiere. Gestartet wird – wie auch bei den weiteren Aufführungen am 10./11. und 17./18. September – am Kinderbauwagen. Ebenfalls dort beginnt zur gleichen Zeit das Kreativangebot für Familien „Waldbilder legen“ mit der Waldkünstlerin Sehriban Köksal Kurt. Von 14 bis 18 Uhr wiederholt Helina Hukkataival ihre Performances, und um 15 Uhr beginnt die erste öffentliche Führung über den diesjährigen Waldkunstpfad. Dieses Angebot wiederholt sich jeden Samstag und Sonntag zur gleichen Zeit zum Preis von acht Euro – Treffpunkt ist der Infostand.

Für musikalische Highlights sorgt am 11., 18 und 25. September um 18 Uhr die Gruppe JETZTMUSIK! mit ihrem Programm „Cantus Natura“. Die Familienaktionen finden sonntags bis einschließlich 18. September von 14 bis 17 Uhr zu wechselnden Themen am Kinderbauwagen statt.

Nicht nur in der Kulturszene der Wissenschaftsstadt Darmstadt setzt der Internationale Waldkunstpfad Akzente. Vielmehr hat er sich in den 20 Jahren seines Bestehens weltweit einen hervorragenden Ruf in der Nature-Art-Szene erworben. Nach seinem Vorbild entstanden Waldkunstpfade in China, Wisconsin/USA, Elfenbeinküste und dieses Jahr im österreichischen St. Corona – auch sie unter der Regie der Kulturanthropologin Ute Ritschel.

Informationen zum vollständigen Programm des 11. Internationalen Waldkunstpfades gibt es hier: https://2022.waldkunst.com/